Bischöfe fordern Milosevic zum Rücktritt auf

■ Spitzen der serbischen Kirche verlangen die Bildung einer Übergangsregierung. Demonstration der Opposition in Belgrad soll ohne Kirchenoberhaupt Pavle stattfinden

Belgrad (rtr) – Die Bischöfe der serbisch-orthodoxen Kirche haben den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic erstmals direkt zum Rücktritt aufgefordert. Erzbischof Artemije rief Miloševic und den serbischen Präsidenten Milan Milutinovic am Dienstagabend im Fernsehen auf, einer neuen Regierung Platz zu machen.

Die Synode der serbisch-orthodoxen Kirche hatte Miloševic bereits im Juni zum Rücktritt aufgefordert. Am Dienstag waren jedoch alle Bischöfe der Kirche zusammengekommen, darunter auch diejenigen, die bislang als regierungsfreundlich galten. Die Bischöfe forderten die Bildung einer Übergangsregierung, die den Weg zu Wahlen frei machen soll. Der Appell der Bischöfe wurde von einem lokalen Fernsehsender in Niš übertragen. In der Stadt hatte in den vergangenen Wochen die Opposition mehrfach demonstriert.

Die Bischöfe erklärten, Miloševic und Milutinovic sollten Staat und Volk nicht in Geiselhaft nehmen, sondern ihre Ämter niederlegen. Sie verwiesen dabei auf die internationale Isolation und die wirtschaftliche Krise. Zahlreiche Staaten, darunter die der Europäischen Union und die USA, wollen Serbien erst nach einem Machtwechsel Aufbauhilfe gewähren.

Artemije erklärte zudem, das Kirchenoberhaupt, Patriarch Pavle, werde an der für den 19. August geplanten Protestkundgebung in Belgrad nicht teilnehmen. Die Demonstration sei für Pavle nicht der richtige Ort einer Stellungnahme. Sein Appell müsse als Botschaft genügen. Der Chef der Demokratischen Partei, Zoran Djindjic, hatte am Montag angekündigt, die Kirche werde sich an dem Protesmarsch beteiligen. Offen blieb zunächst, ob Pavle sich dem Wunsch der Opposition gemäß als Vermittler während eines Machtwechsels zur Verfügung stellen wird.

Die Bischöfe forderten in ihrem Appell die internationale Gemeinschaft auf, den Serben im Kosovo mehr Schutz zu gewähren. Sie sei für die gegenwärtige systematische Zerstörung des serbischen Volkes und dessen heiliger Stätten verantwortlich. Betroffen davon seien neben Kirchen und Klöstern ganze Dörfer und Städte. Seit dem Einmarsch der internationalen Schutztruppe KFOR Mitte Juni ist es immer wieder zu Racheakten von Albanern an Serben gekommen. Die serbische Minderheit hat inzwischen zu zehntausenden die Provinz verlassen.