Poems for the raining city

■ Uche Nduka ist Wahlbremer und Dichter. Irgendwann hat er begonnen, über die Stadt zu schreiben. Sein Gedichtband „Bremen Poems“ ist jetzt bei YetiPress erschienen

„Where have I run to?“ Wo bin ich da hingeraten? Oberflächlich betrachtet ist alles ganz einfach. Irgendwann kam Uche Nduka nach Bremen. Einiges wird ihm fremd gewesen sein, vieles aber auch bekannt. Irgendwann hat er begonnen, das zu tun, was er am besten kann: Gedichte zu schreiben. Über die Stadt. A new place to live. Gedichte über all die merkwürdigen Kleinigkeiten, die man an Straßenrändern findet, in Parks, in Wohnungen, in Beziehungen. All das eben, was wir in der Summe Stadt nennen. Auf ein paar Zeilen zusammengestrichen, wird vieles deutlicher. Flüchtiges und selbstverständliches wird plötzlich bedeutend, anderes zur Nebensache. Das Cover zeigt das Gesicht des Lyrikers, darüber der Name der Stadt. Uche Nduka ist, wenigstens vorläufig, angekommen.

Uche Nduka ist ein realistischer Mystiker. Oder ein mystischer Realist. „Streetcars overthrow / the silence of tomatoes / (...) / Tearing itself street by street / Bremen closes and opens“. Die Gedichte sind im Wortsinn Gedankengänge. Die Assoziationen folgen Straßenmustern oder auch einem imaginären, aber darum nicht weniger wirklichen Stadtplan. „The river shines / with upswinging faces. / The autovibe of a moment / sways within / unfurling masts, / the epic trip ...“

Eine überaus interessante Schreibbewegung, kehrt sich hier doch das „mental mapping“ postkolonialer Zeiten um. Bremen liegt an der Peripherie des vormals kolonialen Zentrums, das da heißt: Europa. Nduka kam über einen nordamerikanischen Umweg aus Nigeria. Er sei, so wird ihm oft bescheinigt, einer der besten Schriftsteller, den das westafrikanische Land in den vergangenen zehn Jahren hervorgebracht hat. Das will schon was heißen, schließlich ist die nigerianische Literaturszene eine ausgesprochen lebendige. Und eine stark politisierte dazu.

Die Anrede an ein „Du“ ist fast in jedem der „Bremen Poems“ zu finden. Es meint die Stadt, die Geliebte; und manchmal schieben sich beide übereinander. „In this city of falling leaves / and misty skylines /(...)/ I serenade your face.“ Nduka ist Bremen-Fan. Schöne, mitunter richtig zärtliche Bilder findet er für die „raining city“. Wer einen Großteil seines Lebens ganz selbstverständlich im Stadtstaat verbracht hat, muss sich, ehrlich gesagt, erst an diesen Zugang gewöhnen.

Ein Wort noch zur Übersetzung. Es ist das Verdienst dieser Ausgabe, Ndukas Zyklus zum ersten Mal als Buch zugänglich zu machen. Mit der Übersetzung von Maren Hancke allerdings hat man den Gedichten, vorsichtig gesagt, keinen Gefallen getan. Gewiss, die Übertragung von Lyrik gehört zu den schwierigsten Unternehmungen. Nur: Wenn sie das Poetische, das Uneindeutige der Vorlage zerstückelt, ist Niemandem wirklich geholfen. Wer nämlich der nicht immer ganz leicht nachzuvollziehenden Bildersprache Ndukas nicht folgen kann, wird auf die Übersetzung zurückgreifen. Nur bleibt dann ein Eindruck zurück, der dem Original kaum gerecht wird. Aus simplen „waves“ werden unnötig altmodische „Wogen“. Und warum muss jemand umherschweifen, wenn's das beiläufige Gehen auch getan hätte?

Die Musikalität der Lyrik Ndukas „I speak the river / I sing the city“ ist kaum ins Deutsche hinüberzuretten. Dieser Versuch scheitert eher kläglich. Das schale Gefühl aber tut dem Genuss keinen Abbruch. Man hält mit den „Bremen Poems“ ein Buch in den Händen, das zum Besten gehört, was in den letzten zwanzig Jahren in und von dieser Stadt geschrieben wurde. Tim Schomacker

Uche Nduka: The Bremen Poems, Bremen: YetiPress 1999. 24 Mark