Benimm in kleinen Lektionen

■ Das erste Programm von Hunden für Hunde geht auf Sendung

Hunde von heute sind längst keine bloßen Anhängsel ihrer Besitzer mehr. Selbstbewusst und spaßorientiert, wie sie sind, kann ihnen stundenlanges Stöckchen-Apportieren oder Hinter-dem-joggenden-Herrchen-Herlaufen als Freizeitbeschäftigung nur mehr ein müdes Gähnen entlocken. Sie wollen Spaß – und zwar mit ihresgleichen. Hatten die Hundeprogramme des Fernsehens bisher eher die Hundehalter als Zielgruppe, so will Dog-TV, der erste Spartenkanal „von Hunden für Hunde“, ein artgerechtes Vollprogramm bieten: Hundenachrichten werden darin ebenso vertreten sein wie die anspruchsvolle Abendunterhaltung. Programmchef Rex ist sich sicher, dass sein Sender mit Gameshows wie „Glücksnapf“ auch unter den Menschen viele Zuschauer finden wird. Doch nicht nur Spielsendungen mit attraktiven Gewinnen stehen auf dem Spielplan, auch die Bildung soll nicht zu kurz kommen:

Mit „Platz!“ startet der Kanal in eine neue Ära des Fernsehens – es ist die erste Erziehungssendung, die sich ausschließlich an Hunde wendet. Die Bildungsserie soll mehr sein als ein Telekolleg für ungezogene Vierbeiner. „Wir wollen unsere Zielgruppe nicht stur darauf dressieren, ohne zu kleckern aus dem Napf zu fressen, sondern die Hunde sollen den guten Benimm in kleinen Lektionen spielerisch lernen“, meint Moderator Richie, ein Rottweiler, der den Fernsehkurs selbst schon erfolgreich absolviert hat.

„Fass!“, das meinungsstarke Magazin für den auf dem Karrieretrip befindlichen Kampfhund, hat mit kontroversen Themen wie „Pro und contra Maulkorb“ oder Diskussionsforen über den korrekten Umgang mit Postboten einen festen Sendeplatz im Visier. Keine leichte Aufgabe, ist doch die Einschaltquote auch bei Hunden oberstes Gebot.

„Dogue“, das Lifestyle-Magazin der 4Leg-Szene, hat es da schon leichter. Es versorgt die konsumfreudige Klientel der Jet-Setter und Kokser-Spaniels mit Society-Klatsch und den heißesten Trends für den modebewussten Karrierehund. Für die Struppies, „streunende urban personalities“, deren erster Glaubensartikel ein Wau zum Luxus ist, könnte „Dogue“ schon bald zum Pflichtprogramm gehören.

Auf dem Krimi-Sektor sind die drolligen Vierbeiner ja schon länger zu Gange. Nachdem Sat.1 mit „Kommissar Rex“ und RTL mit „Zwei Partner auf 6 Pfoten“ Jagd auf Verbrecher machte, verwundert es nicht, dass sich auch Dog-TV nicht länger lumpen lassen will – „Der Rüde“ geht ab Herbst auf allen vieren auf Verbrecher – und Quotenjagd. In der ersten Folge hat die kriminalistische Dogge es mit einer Diebesbande zu tun, die gezielt die Hundefutterregale der Supermärkte leerräumt.

In der Musiksendung „Hit Dog“ werden Größen des internationalen Show-Biz wie die Rolling Bones versuchen, mit ihren Rockballaden die Beautiful beagles in Ekstase zu versetzen. Und wenn die Disco-Pinscher von Modern Barking Klassiker wie „Bello impossibile“ oder „Chow Chow Bambina“ ins Mikro röhren, dann geht vor dem Fernseher die Post ab.

Doch was wäre ein hundespezifisches Vollprogramm ohne Herz-und-Schmerz-Formate! Es ist die alte und doch ewig junge Geschichte um eine alles verzehrende Leidenschaft, die immer wieder das Publikum dahinschmelzen lässt. Nun will auch der Hundekanal mit der Fernsehadaption eines Hollywood-Melodrams auf die Tränendrüse drücken. Es ist sicher nicht zuviel behauptet – mit „9 œ Knochen“ ist ein Remake gelungen, das den Vergleich mit dem Original nicht zu scheuen braucht: Der Hirtenhund Chess macht sich an die Metzgershündin Elsi heran und gewinnt ihre Liebe mit dem Versprechen ewiger Treue. Die romantisch veranlagte Elsi glaubt, endlich den Hund ihres Lebens gefunden zu haben – bis sie nach einigen Wochen erkennen muss, dass Chess es nur auf die Knochen aus der Metzgerei abgesehen hat ...

Hundehalter sollten also, solange es noch geht, mit ihren Lieblingen ausgedehnte Spaziergänge machen! Bald wird man Hunde nicht mehr so leicht von der Mattscheibe loseisen können, und sie werden nicht mehr das Stöckchen, sondern nur noch die Fernbedienung apportieren. Und von da ist es nicht mehr weit bis zum Kauf eines Zweitfernsehers für die Hundehütte ... Rüdiger Kind