Der unendliche Krieg in Angola

■ Die Regierung des südafrikanischen Landes will mit den Rebellen der Unita aufräumen. Doch die sind weiterhin auf dem Vormarsch

Johannesburg (taz) – Seit in Angola wieder Krieg herrscht, hat die Regierung von Präsident Eduardo dos Santos eine strikte Nachrichtensperre verhängt. Über den bislang wenig ruhmreichen Kampf gegen die Unita-Rebellen erfährt die Bevölkerung so gut wie nichts. Lediglich die wenigen unabhängigen Medien schaffen es noch immer, Berichte aus dem Landesinneren zu verbreiten, aber auch das wird zunehmend schwierig. Das bekam in dieser Woche erneut das unabhängige katholische „Radio Ecclesia“ zu spüren, dessen Studio in Luanda die Polizei auf den Kopf stellte. Der Grund: die Ausstrahlung eines Interviews mit Rebellenchef Jonas Savimbi.

Jetzt ermittelt die Polizei gegen insgesamt acht Journalisten wegen eines „Verbrechens gegen die Staatssicherheit“. Unter den Angeklagten sind auch drei leitende Redakteure des staatlichen Fernsehens TAP. Denn TAP sendete noch am gleichen Abend Auszüge des Gesprächs. Vorübergehend festgenommen wurde auch der BBC-Korrespondent in Luanda. Er hatte den lokalen Medien das von London aus geführte Gespräch zur Verfügung gestellt.

Savimbi hatte in dem Interview die durch den Krieg verursachte humanitäre Katastrophe heruntergespielt und erklärt, die Unita sei militärisch überlegen. Zugleich bot er Gespräche über eine politische Lösung des Konflikts an.

Das allerdings lehnt die Regierung ab. Dos Santos und seine Militärs sind entschlossen, „ein für alle Mal“ mit Savimbi aufzuräumen – allerdings mit zweifelhaften Erfolgsaussichten. Zwar mehren sich die Anzeichen, dass die seit Wochen angekündigte Großoffensive nun doch stattfinden soll. Nach Angaben von Diplomaten und Mitarbeitern von Hilfsorganisationen in der Hauptstadt Luanda kam in den vergangenen Wochen tonnenweise militärisches Gerät im Hafen an.

Aber viel Zeit bleibt Dos Santos nicht mehr. Spätestens Mitte September setzen im Hochland die Regenfälle wieder ein, und dann wäre die Unita mit ihrer Guerillataktik militärisch im Vorteil. Doch selbst ohne Regen ist ein Sieg der Regierungstruppen keineswegs so sicher, wie man in Luanda glauben machen will. Ende vergangenen Jahres hatte sich die Regierung schon einmal drastisch verschätzt: Anstatt die Hochburgen von Savimbi, Bailundo und Andulo, im Handstreich einzunehmen, gerieten die Truppen in einen Kessel. Seitdem ist die Unita Richtung Küste auf dem Vormarsch und hat etwa zwei Drittel des Landes unter Kontrolle. Seitdem sie Ende Juli den Ort Catete, nur etwa 60 Kilometer südöstlich von Luanda, einnahm, gilt auch die Hauptstadt als gefährdet.

Savimbi hat anscheinend nur wenig Interesse, die großen Städte tatsächlich einzunehmen. Er setzt darauf, durch einen zermürbenden Guerillakrieg das Land dauerhaft zu destabilisieren und die faktisch seit Jahren bestehende Teilung fortzuführen. Indessen nimmt der Krieg, von dem es keine Bilder gibt, an Grausamkeit zu. Mehrmals wurde in den vergangenen Wochen von Massengräbern mit Zivilisten berichtet, zugleich häufen sich die gewaltsamen Übergriffe auf Hilfstransporte. Etwa 1,7 Millionen Menschen, so schätzt die Koordinationsstelle für humanitäre Hilfe der UNO in Luanda, sind derzeit wieder auf der Flucht. Nur auf Druck der internationalen Geberländer hat sich Dos Santos nun bereit erklärt, wenigstens „humanitäre Korridore“ zu errichten, um die Versorgung im Landesinneren zu gewährleisten.

Die Beteuerungen der Regierung, steigende Einnahmen aus den Ölfeldern für soziale Ausgaben zu verwenden, sind indessen wenig glaubhaft. Zwar hat sie auf Grund des höheren Preises für Rohöl auf dem Weltmarkt eine Revision des Haushalts angekündigt. Sollten dabei tatsächlich Überschüsse auftauchen, werden sie aber mit großer Wahrscheinlichkeit für die weitere Finanzierung des Krieges verwendet.

Auch der Unita wird das Geld so schnell nicht ausgehen, denn trotz UN-Sanktionen floriert der illegale Handel mit Diamanten – das musste selbst Robert Fowler, Vorsitzender des UN-Sanktionsausschusses, in einem Bericht an den Sicherheitsrat einräumen. Drei bis vier Milliarden Dollar, so heißt es dort, hat die Unita in den vergangenen acht Jahren verdient und den Erlös zum Waffenkauf verwendet oder gewinnbringend investiert. Kordula Doerfler