„Kellerwald ist unsere Serengeti“

Die größten Naturschutzverbände fordern Schutz für einen 200 Jahre alten Buchenwald, den der hessische Umweltminister abholzen lassen will  ■   Von Maike Rademaker

Berlin (taz) – Erstmals kämpfen die fünf größten Naturschutzorganisationen Deutschlands gemeinsam. In einem gemeinsamen Brief wenden sich Naturschutzbund, Greenpeace, BUND, WWF und Robin Wood an den hessischen Ministerpräsidenten Robert Koch (CDU) und fordern ihn auf, sich gegen die Pläne seines Umwelt- und Forstministers Wilhelm Dietzel (CDU) zu stemmen. Dieser will 200 Jahre alte Rotbuchen im Kellerwald zum Einschlag freigeben.

Dietzel will das einzigartige Gebiet zum Naturpark erklären, obwohl der Wald bereits seit zehn Jahren den Status eines Nationalparks erhalten sollte. Ein Naturpark darf forstwirtschaftlich genutzt werden, ein Nationalpark nicht. Das ungewöhnliche Bündnis der Naturschützer hat daher gestern zu einer E-Mail-Aktion gegen Dietzel aufgerufen.

Im hessischen Kellerwald gilt ein rund 5.700 Hektar großes Waldgebiet als besonders schützenswert. In dem Rotbuchenwald wurde lange Zeit lediglich gejagt und kein Holz geschlagen. Deshalb stehen dort heutzutage uralte Buchen; Orchideen und seltene Tierarten haben sich angesiedelt. Der Wald ist bei der EU als Flora-Fauna-Habitat (FFH) gemeldet worden.

Bis zum Regierungswechsel in Hessen bestand die Absicht, den Wald zum Nationalpark zu erklären. Dietzel, seit April im Amt, möchte statt eines Nationalparks lieber einen Naturpark einrichten, der den Einschlag der alten Buchen weiterhin gestattet. Nur „besonders alte Bäume“ würden ausgeschlossen. Sein vehementes Eintreten für einen Naturpark begründet Dietzel mit dem eindeutigen Bürgervotum der drei im Wald liegenden Gemeinden Vöhl, Frankenau und Edertal gegen den Nationalpark.

Die Bewohner hatten sich 1997 mehrheitlich in einem Bürgerbegehren gegen den Nationalpark ausgesprochen. Von diesem Protest ist allerdings nicht viel übrig geblieben. „Damals hat ein Naturschützer Panik geschürt, indem er 30.000 Hektar unter Totalschutz stellen wollte – da haben die Menschen natürlich Angst gekriegt“, sagte Harald Plünnecke, SPD-Bürgermeister von Vöhl (6.500 Einwohner). „Heute ist das völlig anders. Der Nationalpark mit den Touristen ist wirtschaftlich unsere einzige Chance. Wenn Minister Dietzel hier die Buchen einschlägt, muss er mit den Protesten der Region rechnen.“

Dabei hat der Kellerwald bereits überregionale Bedeutung erlangt. „Deutschland hat in der Welt für den Buchenwald dieselbe Schutzverantwortung wie Tansania für die Serengeti“, sagt Josef Blab, Abteilungsleiter für Biotopschutz beim Bundesamt für Naturschutz. „Wir können nicht im Ausland Naturschutz einfordern und ihn hier nicht umsetzen.“