„Freiwillig“ zum Gen-Abdruck

■  Bayerns Innenminister Beckstein fordert, im Knast den genetischen Fingerabdruck auch freiwillig einsammeln zu dürfen. Bislang muss ein Richter das Gen-Material anfordern

Berlin (taz/dpa) – Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) streibt den gläsernen Verurteilten an. Beckstein verlangte gestern von der Bundesregierung, die Möglichkeiten für die Speicherung des sogenannten „genetischen Fingerabdrucks“ in der Gen-Analyse-Datei zu erweitern. Auch freiwillig abgegebene genetische Fingerabdrücke müssten in die Datei eingestellt werden können. Bundeskriminalamt und die Länderkriminalbehörden dürfen bislang nur dann Spuren des Erbmaterials speichern, wenn dies ein Richter anordnet.

Beckstein versucht damit die Praxis in bayerischen Gefängnissen zu legitimieren. In den weißblauen Knästen wird auf Häftlinge gezielter Druck ausgeübt, um auch ohne richterliche Anordnung an das Genmaterial heranzukommen: Wer nicht „freiwillig“ Speichel abgibt, braucht auf Hafterleichterung nicht zu hoffen.

Nicht allein der bayerische Datenschutzbeauftragte hat die bayerische Speichel-und-Speicher-Methode gerügt. Inzwischen hat die Konferenz der Datenschutzbeauftragten an der Erhebung von Gen-Daten schwere Kritik geübt. Wenn ein Richter über die Einziehung und Analyse von Gen-Material entscheide, geschehe dies auf sorgfältiger Grundlage, heißt es in einem Schreiben an die Innenminister: Zusammen mit Gutachtern wird prognostiziert , ob der Verurteilte „künftig erneut Strafverfahren wegen der in § 81 g genannten Straftat“ zu erwarten hat; in Paragraf 81 g der Strafprozessordnung geht es im Wesentlichen um Terrorismus, Sexualverbrechen, Mord und Totschlag. Die bayerische „freiwillige“ Praxis dagegen sei unzulässig, heißt in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Bei einem Strafgefangenen, „der Vollzugslockerungen begehrt“, könne man nicht davon ausgehen, dass er wirklich aus eigenem freien Willen sein Erbgut analysieren lasse.

CSU-Mann Beckstein sieht „erhebliche Sicherheitsrisiken“, wenn die Identifizierung von Straftätern massiv und ohne rechtliche Notwendigkeit eingeschränkt wird. Beckstein kündigte an, die Staatsregierung werde ihre bewährte Praxis in Bayern nicht ändern. Auch freiwillig abgegebene Genproben würden weiter abgespeichert. Christian Füller

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