Die Juli-Joints waren nur Attrappe

■  Die Polizei hat im „Coffee-Shop“ der Jungliberalen drei Kilo Vogelfutter sichergestellt und den Landesvorsitzenden angezeigt. Der kämpft weiter für die Freigabe von Cannabis. Die Junge Union warf den Liberalos Effekthascherei vor

Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen, Alexander Ritzmann, packt aus: Drei Kilogramm „Stoff“ – Hanfsamen, mühsam auf 1.500 handliche Tütchen verteilt. Die wollten er und seine Parteifreunde am Samstagmorgen am Winterfeldtplatz unter das Volk bringen, um für die Freigabe von Cannabis und gegen die Kriminalisierung von Konsumenten zu protestieren. Doch daraus wurde nichts: Ein gutes Dutzend Polizisten hatte schon auf den Nachwuchs der FDP gewartet und beschlagnahmte alles, was auch nur entfernt nach einer Verletzung des Betäubungsmittelgesetzes roch.

Im „Coffee-Shop“ der Julis gab es also nur Coffee und Kekse. Die waren natürlich absolut frei vom Cannabisrauschmittel THC. Eigentlich sollte es auch „was zu rauchen“ geben. Aber auch die Joints der Julis entpuppten sich als harmlose Tabak-Attrappen. Ritzmann: „Wir haben aber jedem freigestellt, sich seinen Stoff selbst mitzubringen.“ Dafür hielten die Julis eine kleine Wasserpfeife bereit.

Ritzmann hat jetzt eine Anzeige wegen Verstosses gegen das Betäubungsmittelgesetz am Hals. Er kann ihr gelassen entgegensehen, denn sein Dealer würde ihm wohl nie Rauschmittel andrehen: Die Hanfsamen stammen aus der Zoohandlung eines großen Kaufhauses – deklariert als Vogelfutter.

Für die Julis war ihr „Coffee-Shop“ trotz der Polizeiaktion ein Erfolg: „Die polizeiliche Sicherstellung unseres Vogelfutters hat deutlich gemacht, wie wichtig eine Änderung der Gesetzeslage ist.“ Cannabis sei für den Menschen weniger schädlich als Alkohol oder Nikotin. Von einer Einstiegsdroge könne also keine Rede sein.

Haschisch sei auf legalem Weg nicht zu bekommen. Die Kriminalisierung der Konsumenten führe dazu, dass sie auf Dealer angewiesen seien. Und die hätten, so Ritzmann, in der Regel auch härtere Drogen auf Lager, die sie den Konsumenten natürlich auch anböten.

Die Berliner Julis stehen voll hinter ihrer Forderung: „Cannabis freigeben – für ein Leben ohne Sucht“. Sie halten die gegenwärtige Drogenpolitik für gescheitert und wollen staatlich autorisierte Coffee-Shops nach niederländischem Vorbild. Dadurch werde der automatische Kontakt mit harten Drogen verhindert. Auch die Kontrollmöglichkeiten seien größer, denn auf dem Schwarzmarkt spielten nur Gewinnmaximierung, nicht aber Jugendschutz und Qualitätssicherung eine Rolle.

Die PDS zog gestern nach: Auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain demonstrierte auch sie für die Cannabisfreigabe. Auf Spielverderberin machte hingegen die Junge Union Charlottenburg. Den Julis warf sie Effekthascherei vor. Die allerdings war 100 Prozent THC frei. Thorsten Denkler