Der Markt sei mit dir

■ Kampagne mit streng imperialem Charakter: Der neue Star Wars begründet mit frittierten Skywalker-Menüs, Lego-Droiden und Jedi-Eis am Stil die Ära des Films zum Merchandise

„Konzentrier dich auf den Augenblick“, sagt Qui-Gon zum kleinen Anakin. „Nicht denken. Fühlen.“ Weise Worte. George Lucas hat sich allerdings nicht daran gehalten. Das zahlt sich aus: Noch bevor „Episode 1 – Die dunkle Bedrohung“ überhaupt angelaufen war, spülten Mega-Marketing-Verträge 5,7 Milliarden Mark in die Kasse des Vaters von „Star Wars“. Dagegen sind die 220 Millionen Mark, die der Film gekostet hat, ein Klacks. Die bisherigen Kasseneinnahmen der „Episode 1“ in den Vereinigten Staaten liegen bei rund 408 Millionen Dollar, fast 750 Millionen Mark.

Lucas hat sich das weltweit fetteste Film-Merchandising-Imperium erschaffen. 1976, als er „Krieg der Sterne“ drehte, verzichtete er auf die Hälfte seines Regielohnes, um sich stattdessen die Rechte an der Verwertung aller Merchandising-Produkte zu sichern. Zum Start der „Episode 1“ liegen mehr als tausend Produkte in den Regalen und Internetshops aus: Jedi-Zahnpasta, Plüsch-„Jar Jar Binks“, Lego-Bausätze, frittierte Skywalker-Hühnermenüs und Jedi-Ritter im Eisschrank.

Allein Pepsico hat laut New York Review of Books 3,6 Milliarden Mark bezahlt, um bis zum Jahr 2005, wenn der dritte Teil der Vorgeschichte anläuft, seine Produkte mit „Star Wars“-Figuren bewerben zu können. Der Spielzeugmulti Hasbro, der einen eigenen Vizepräsidenten für „Star Wars“ beschäftigt, blätterte für den Erwerb der Rechte zur Herstellung des „Star Wars“-Spielzeugs 950 Millionen Mark hin, Lego schob fast 100 Millionen über den Tisch. Insgesamt wird der Umsatz mit Fanartikeln für Kids auf rund 1,9 Milliarden Mark geschätzt.

Das gesamte Orchester aber wird direkt von der Lucasfilm Ltd. dirigiert. Hier wird festgelegt, wann was wo zu welchen Konditionen verkauft werden darf. Wehe, ein Händler packt die Jedi-Tasse einen Tag vor dem offiziellen Verkaufsstart ins Regal. Dann drohen empfindliche Vertragsstrafen plus Spielzeugentzug.

Unter einem strengen Diktat läuft natürlich auch der Filmstart in Deutschland: Mit der absoluten Rekordzahl von 1.000 Kopien wird der Verleih Twentieth Century Fox Germany die Leinwände belagern. Das bedeutet Sternenkrieg in jedem dritten deutschen Kino. Bevorzugt werden Säle, die über ein THX-Soundsystem verfügen – übrigens auch eine Erfindung von Lucas, die er nach seinem frühen SciFi-Film „THX 1138“ benannt hat.

Dabei gab es vor allem Kämpfe um die Verleihkonditionen: Fox wollte für sein Spitzenprodukt auch Spitzenpreise von den Kinos eintreiben. Normalerweise zahlen Kinobetreiber für Kassenschlager höchstens 53,5 Prozent der Einnahmen an den Filmverleih. Twentieth Century Fox legte jedoch drei Modelle vor, alle mit streng imperialem Charakter: Lucas' Vertriebspartner verlangten 56,5 Prozent oder acht Wochen Mindestlaufzeit in den größten Kinosälen der Stadt. Laut Ufa-Theater-Sprecherin Tanja Güß sind das „beinahe Knebelverträge“.

Das ließ auch beim Hauptverband Deutscher Kinobetreiber (HDF) die Alarmglocken läuten. Der Verband bezichtigte den Fox-Verleih der „Sprengung jahrzehntelanger Handelsbräuche und des drastischen Drehs an der Preisschraube“. Lucas und sein deutscher Verleih bereicherten sich auf dem Rücken der Kinos, so HDF-Sprecher Wolf Dietrich Verschuer. „Solche Binnengeschäfte gehören nicht in die Öffentlichkeit, sie beschädigen den Mythos des Films, und das schadet dem Produkt“, erwidert Fox-Verkaufsleiter Michael Berg.

Doch die Filmtheater sind nach einem schwachen Kinojahr auf jeden Knüller angewiesen. So mussten sie sich zähneknirschend auf die Konditionen von Fox einlassen. „Wir haben uns jetzt auf den Kompromiss geeinigt, der am wenigsten schmerzt“, so Tanja Güß. „Wir spielen acht Wochen durch auf allen großen Leinwänden des Landes, denn wir sind auf den Start des Films angewiesen, da die Kinos im Sommer leer stehen.“ Da hängt wohl noch der Titanic-Effekt nach. Alle rechnen hoffnungsvoll hoch, dass „Star Wars“ sämtliche Kassenlecks dichtet. Ob die Rechnung aufgeht? In Großbritannien läuft „Episode 1“ in der dritten Woche, und der neue „Austin Powers“-Film kickte ihn schon jetzt von Platz 1 der Hitliste. Nicht denken, fühlen, sagen sich also auch viele Briten und lassen sich statt vom Lucas-Märchen lieber von Blödel-James-Bond-Verschnitt Mike Myers ins Kino locken. Antje Heinrich