In Dagestan ist der Krieg eskaliert

■  Russischer Außenminister warnt vor „äußerer Einmischung“. Angeblich hohe Verluste der Rebellen und nur geringe russische Verluste. Ausnahmezustand in Tschetschenien

Moskau (dpa) – Der kriegerische Konflikt zwischen Russland und islamischen Extremisten um die Kontrolle im Nordkaukasus hat sich am Sonntag erheblich verschärft. Bei heftigen Gefechten zwischen russischen Truppen und Rebellen in der Teilrepublik Dagestan wurden nach offiziellen Angaben seit Samstag mindestens 80 Aufständische und drei russische Sicherheitskräfte getötet.

Die russischen Truppen, dagestanische Polizei und bewaffnete Freiwillige begannen mit der Unterstützung von Kampfhubschraubern und Artillerie nach eigenen Angaben am Sonntag die entscheidende letzte Phase zur Vertreibung der Rebellen. Kampfhubschrauber hätten auch in der Nacht Stellungen der Rebellen im Grenzgebiet zu Tschetschenien angegriffen. Das Gefecht mit den meisten Opfern habe am Samstag bei dem Dorf Gagatli im Gebiet Botlich stattgefunden. Bewaffnete Zivilisten töteten dort nach offiziellen Angaben etwa 60 Rebellen mit einer absichtlich ausgelösten Gerölllawine. Auch unter den Verteidigern des Dorfes habe es Tote gegeben. Seit Beginn der Kämpfe vor gut einer Woche hätten die Aufständischen damit bereits etwa 280 Kämpfer verloren. Russland verlegte weitere starke Kampfverbände nach Dagestan.

Die von Moskau abtrünnige Republik Tschetschenien beschloss, wegen der Lage in Dagestan und angesichts militärischer Drohungen Russlands den Ausnahmezustand zu verhängen. Die Maßnahme sei ab diesem Montag in Kraft, hieß es in einem Erlass des als gemäßigt geltenden Präsidenten Aslan Maschadow. Die Truppen seien in Alarmbereitschaft versetzt worden, von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens gelte eine Ausgangssperre, die Arbeit aller Medien, außer der des Staatsfernsehens, sei verboten und der Zivilverkehr Beschränkungen unterworfen worden. Der 1997 gewählte Maschadow steht unter großem Druck extremistischer Kräfte, die bereits eine Art Gegenregierung (Schura) gegründet haben und auch für die Kämpfe in Dagestan verantwortlich sind. Zu ihnen gehört der Feldkommandeur Schamil Bassajew.

Der amtierende russische Außenminister Igor Iwanow warnte vor einer Einmischung von außen in den Konflikt. Eine Unterstützung der „Terroristen“ werde Russland als „grobe Einmischung in seine inneren Angelegenheiten werten“, hieß es. Die Warnung dürfte sich vor allem an islamische Staaten richten. Die Anführer der Rebellen werden den Wahhabiten, einer puritanischen Sekte im sunnitischen Islam, zugeordnet.

Bassajews Truppen sollen seit Beginn der Kämpfe vor gut einer Woche nach russischen Angaben bereits etwa 280 Tote und mehr als 300 Verwundete zu beklagen haben. Das wäre die Hälfte der etwa 1.200 Aufständischen. Die Rebellen streben ein islamisches unabhängiges Dagestan an, das sich mit Tschetschenien vereinen soll. Damit hätte Tschetschenien einen Zugang zum ölreichen Kaspischen Meer. Die russische Seite bezifferte ihre eigenen Verluste lediglich auf 17 Tote und 30 Verwundete.