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Ferngesteuerte Körperteile

■ Licht aus Spülmittel und Eisenspäne, Bewegungen an Grenzen und Rändern: Victoria Hauke zeigt ihre neue Choreografie „Margo“ in der Halle K

Wer spontan das Wochenende mit zeitgenössischem Tanz ausklingen lassen wollte, hatte Pech: Dicht drängten sich vorwiegend junge Menschen mit futuristischen Röcken über Tunnelhosen im Eingangsbereich der Barlach Halle K – die Premiere von Victoria Haukes Tanzstück Margo war ausverkauft. Umso schöner, daß nur ein Teil der großzügigen Halle bestuhlt war.

An der Ecke der quadratischen Bühnenfläche teilt ein mit weißem Nessel verhüllter Kasten die Zuschauerreihen. In diesem wartet die Theatermalerin und Zeichnerin Katrin Bethge auf ihren Einsatz. Aus der anfänglichen Dunkelheit schafft sie eine Welt aus Licht, Formen und Farbe. Ihre malerischen Werkzeuge: Wasser, Sand, Spülmittel, Styroporbälle und Eisenspäne. Ihre Lichtquelle: ein Overhead-Projektor. Dieses ansonsten eher aus universitären Zusammenhängen geläufige Gerät ist hier Ausgangspunkt für eine lebendige Projektion, die den beiden weiß gekleideten Tänzerinnen ständig neue Lichträume schafft.

In die totale Stille hinein ertönen Geräusche: Mal scheinen schwere Eisenfässer zu rollen, mal schrillt ein Telefon. Die zwei Tänzerinnen nehmen sich derweil nicht wahr. Trotz der vollkommenen Symmetrie ihrer Bewegungen scheinen sie gefangen in ihren eigenen körperlichen Grenzen. Als seien sie ferngesteuerte Maschinen, geben sie sich der Schwerkraft und den Schwingungen einzelner Körperteile hin.

Margo hat Victoria Hauke von der Tanzwerft Hamburg ihre Choreografie genannt, nach dem lateinischen Wort, das mit Rand oder Grenze übersetzt werden kann. Die Ränder des Schulterblattes und Nähte von Schädelknochen haben sie dabei inspiriert. Gegenseitig stützen sich Hauke, die selbst mittanzt, und Ina Regensburg ihre schweren Köpfe, die sie allein nicht tragen können. So entstehen Impulse für die Durchquerung weiterer Räume.

Doch im gleichen Maße wie die Geräusche sich verdichten, lösen sich die körpereigenen Grenzen auf. Während die Projektion pulsierende Arterien ins Spiel bringt, beginnen die Tänzerinnen, sich zu registrieren. Eine Erlösung fast, als aus Tönen und Geräuschen Musik wird. Auch die Bewegungen der inzwischen schwarz gekleideten Tänzerinnen fließen und wachsen. Die Projektion ist von einem klaren gelben zu einem expressiven schwarzweißen Bild geworden, und die Gesichter zeigen zum ersten Mal ein Minenspiel – bis der schwere Eisenstaub auf dem Overhead-Projektor den Raum zum Finale wieder schwärzt. Rückhaltloser Applaus und Rosen vom Publikum für diese dichte Textur sinnlicher Eindrücke. Stefanie Heim

heute, 18. und 19. August, jeweils 20.30, Barlach Halle K, Klosterwall 12

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