Name und Adresse frei Haus

Bei Widerspruchsverfahren in den Hamburger Bezirken wird der Datenschutz verletzt. Besserung wird seit längerem gelobt  ■ Von Peter Ahrens

Eigentlich wartete Irmtraud H. nur auf einen Termin vor dem Widerspruchsausschuss des Wandsbeker Rechtsamtes. Als sie jedoch die Ladung für die Verhandlung per Post erhielt, bekam sie gleichzeitig die Liste mit allen Verhandlungsterminen der nicht-öffentlichen Sitzungen des Tages zugeschickt – alle Namen, alle Anträge, alle Gründe, worum es bei den Widersprüchen geht, wurden frei Haus geliefert. Während das Wandsbeker Rechtsamt von einem Versehen spricht, kommt heftige Kritik vom Hamburger Datenschutzbeauftragten Hans-Herrmann Schrader.

Die „übliche Praxis“, auf den Terminrollen sowohl die Namen der Betroffenen als auch den Grund der Verhandlung zu veröffentlichen, wird vom Datenschutzbeauftragten schon seit langem gemaßregelt. So konnte H. zum Beispiel ungeniert nachlesen, wer gegen „die Ablehnung einer Beihilfe zur Beschaffung einer Matratze“ Widerspruch eingelegt hat, wem die Hilfe zum Lebensunterhalt gestrichen wurde, wer keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz mehr erhält oder wem die Kosten für einen bereits eingesetzen Zahnersatz verweigert wurden. Insgesamt elf Fälle, samt und sonders mit allen Adressen der Betroffenen säuberlich aufgelistet.

H. wandte sich mit der Terminliste an den Datenschutz der Stadt, und für den ist das kein neuer Fall. „Wir kennen die Problematik auch aus anderen Bezirken. Die Beschwerden dagegen haben sich allerdings bisher in Grenzen gehalten“, sagt Hans-Joachim Menzel vom Büro des Datenschutzbeauftragten. Bereits 1997 habe man das Senatsamt für Bezirksangelegenheiten aufgefordert, Abhilfe zu leisten und zumindest dafür zu sorgen, dass der Grund der Ladung nicht mehr auf dem Terminzettel erscheint. Damals hatte ein Bürger beim Bezirksamt Nord gegen dieses Vorgehen protestiert, weil er sich in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlte. „Wir haben damals darauf gedrungen, dass es geändert wird. Wir stellen aber fest, dass unsere Forderung nach wie vor nicht konsequent befolgt und umgesetzt wird“, kritisiert Menzel.

Der Datenschutzbeauftragte hat sich jetzt in dieser Angelegenheit noch einmal mit einem Brief an die zuständige Bezirkssenatorin, Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD), gewandt und wartet auf Antwort. „Uns stört auch, dass die Terminrollen mit allen Namen innerhalb der Bezirksbehörden breit verteilt werden“, beklagt Menzel. Da hat fast jeder die Möglichkeit, einen Blick drauf zu werfen.

Beim Wandsbeker Rechtsamt zumindest hat man Besserung gelobt. „Normalerweise schicken wir die Terminlisten nicht heraus“, sagt Amtssprecher Rolf Brüggemann. Da sei einfach ein Missgeschick passiert. In Zukunft solle das nicht mehr vorkommen.