Kommentar
: Alter Wein in alten Schläuchen

■ Rechtsextremismus und Christdemokratie

Die Grünen werfen Mitgliedern der CDU vor, eine Renaissance rechtsextremen Gedankengutes vorzubereiten. Den Beweis einer „neuen Qualität“ aber sind sie schuldig geblieben: Ein rechter Flügel innerhalb der Berliner CDU existiert – wie in der Gesamtpartei – seit Jahrzehnten. Ebenso lange schon vergleichen CDU-Politiker wie Klaus-Rüdiger Landowsky osteuropäische Einwanderer mit Ratten, stellen Hardliner wie Heinrich Lummer die Verbindung ins ultrarechte Spektrum her. Bei den Berliner Christdemokraten geht es eben mitunter zu wie an jedem anderen Stammtisch auch. Das ist heute so ärgerlich wie vor fünf Jahren, überraschend ist es nicht.

Schon eher verwundert da, dass die Grünen zum Beleg für die rechtsextreme Orientierung eines Jörg Schönbohm – neben gleich klingenden Verlautbarungen der NPD – ausgerechnet dessen Zustimmung zu den scharfen Brandenburger Polizeigesetzen, verantwortet von einer SPD-Alleinregierung, anführen müssen. Auch taugt die Konzentration auf den rechten Rambo Schönbohm nicht gerade dazu, die Existenz eines strategisch arbeitenden rechtsradikal orientierten Flügels innerhalb der Berliner CDU zu beweisen.

Vor rechtsextremen Tendenzen freilich kann nicht oft genug gewarnt werden. Der Vorstoß der Grünen aber deutet eher auf eigene Profillosigkeit hin, die man durch das Abarbeiten an der CDU kaschieren will. Mit Versprechen, was man selbst anders machen möchte, sind die Grünen nach dem Regierungswechsel vom September 1998 etwas vorsichtiger geworden. In Berlin war es schließlich der hofierte Koalitionspartner SPD, der noch im Mai der Verschärfung der Polizeigesetze zugestimmt hat. Und mit der Kritik an antiegalitären Positionen kämpfen die Berliner Grünen gegen Erscheinungen, die ihre Partei – siehe Asylgesetz, doppelte Staatsbürgerschaft usw. – in der Bundesregierung längst mit zu verantworten hat. Unvergessen ist auch die Parole des Kandidaten Gerhard Schröder: „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: Raus, und zwar schnell.“ Der Ruck nach rechts ist jedenfalls keine Erscheinung, die die CDU für sich gepachtet hat.

Andreas Spannbauer