Unterm Strich

In nur 13 Tagen hatte im Juni das neue „Star Wars“-Spektakel von George Lucas mit dem deutschen Untertitel „Episode I – Die schwarze Bedrohung“ mehr als 200 Millionen Dollar in die amerikanischen Kinokassen eingespielt. Nie zuvor bescherte ein Film in so kurzer Zeit seinen Produzenten so viel Geld. James Camerons Welthit „Titanic“ brauchte mehr als vier Wochen Laufzeit, um die gleiche Summe zu verbuchen. Doch abgerechnet wird auch im Kino am Schluss: Und dabei, das kann nun mit Sicherheit vorausgesagt werden, wird „Titanic“ den ersten ernstlichen Rivalen um die Krone der Publikumsgunst klar in die Schranken verweisen.

Am Jahresende 1998 hatte der in den USA in der letzten Woche 1997 gestartete Streifen um die Schiffstragödie über 600 Millionen Dollar Kinoeinnahmen registrieren können – absoluter Weltrekord. Nach elf Wochen Laufzeit liegt der Lucas-Film bei knapp 410 Millionen Dollar und ist längst auf dem Marsch in die unteren Regionen der Popularität in den Kinos zwischen New York und Los Angeles. Die „Titanic“ hatte nach der gleichen Zeitspanne nicht nur 20 Millionen Dollar mehr eingebracht, sondern lag da auch noch souverän an der Spitze, von der sie nach 15 Wochen erst der Streifen „Lost in Space“ verdrängen konnte.

„Krieg der Sterne“ war auf der Gipfelposition bereits nach drei Wochen die Puste ausgegangen; in der vierten Woche schob sich der Klamaukfilm „Austin Powers“ klar vor die Jedi-Ritter des gerissenen Vermarktungsstrategen Lucas. Schon damals hatte sein Produkt dank einer gigantischen Reklamemaschinerie und Dauerfeuer aus allen Medienrohren sein Pulver lautstark, doch ohne große Nachwirkungen verschossen. Dabei konnte „Krieg der Sterne“, anders als „Titanic“, von vornherein fest auf eine verschworene Kultgemeinde rechnen, die sich keinesfalls die lang ersehnte Fortsetzung nach 20 Jahren entgehen lassen wollte.

Ungefährdet dürfte auch der weltweite Einnahmerekord der „Titanic“ von über 1,8 Milliarden Dollar sein. Darauf deuten insbesondere die vorliegenden britischen Einspielergebnisse der neuen „Sterne“-Folge hin: Nach glänzendem Start Mitte Juli gingen die Zuschauerzahlen in der zweiten Woche Laufzeit stark zurück, mittlerweile nimmt der Film nur noch den zweiten Platz der Kinohitparade Großbritanniens ein. Und in Deutschland, wo die „Episode I“ ab Donnerstag zu sehen ist, werden die 18 Millionen „Titanic“-Besucher noch lange eine Marke gesetzt haben, die auch mit Überlichtgeschwindigkeit nicht zu übertreffen ist: Liebe und Tragödie, das ist irgendwie tröstlich, locken noch immer mehr als das Trommelfeuer der Spezialeffekte, das würde auch für ein Nintendo-Spiel ausreichen. Ein guter Kinofilm braucht mehr.