Uganda und Ruanda führen Krieg im Kongo

Schwere Kämpfe zwischen den beiden Schutzmächten der kongolesischen Rebellen verwüsten die Stadt Kisangani. Alle internationalen Vermittlungsbemühungen sind bisher gescheitert  ■   Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Kisangani, die größte Stadt im Rebellengebiet der Demokratischen Republik Kongo, ist am Wochenende zum Schlachtfeld geworden. Soldaten aus Uganda und Ruanda liefern sich seit drei Tagen erbitterte Kämpfe um die Millionenstadt und damit um die Kontrolle der kongolesischen Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die in einen ugandisch und einen ruandisch dominierten Flügel gespalten ist.

Die Gefechte sind äußerst heftig und verlustreich. Ruanda und Uganda bekämpfen einander mit schwerer Artillerie ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. Viele Häuser brennen, die Zahl der Opfer unter der kongolesischen Zivilbevölkerung ist unbekannt. „In allen Teilen von Kisangani wird gekämpft“, sagte ein ugandischer Militärsprecher gestern gegenüber Reuters.

Inzwischen soll Ruanda den Flughafen und den Großteil des Stadtzentrums eingenommen haben. Die Ruanda-treuen RCD-Einheiten kontrollieren angeblich die Wasserwerke der Stadt und haben damit das Schicksal der Zivilbevölkerung in der Hand. Übereinstimmend wird von schweren Kämpfen um die Hotels im Stadtzentrum berichtet, wo die politischen Führer der kongolesischen Rebellen residieren. Ein Hotel, in dem Ernest Wamba dia Wamba geschützt von ugandischen Soldaten lebte, soll von Ruandas Soldaten in Trümmer geschossen worden sein. Über Wambas Schicksal war gestern nichts bekannt.

Über den Ausbruch der Kämpfe, die am Samstag am internationalen Flughafen der Stadt begannen, gibt es unterschiedliche Angaben. Ruandas Armee sagte, 400 frisch eingeflogene ugandische Soldaten hätten den Befehl erhalten, die ruandischen Einheiten am Flughafen einzukreisen. „Wir hatten keine Wahl, als auf diesen Angriff zu antworten, der zum Ziel hatte, uns aus dem Flughafen zu vertreiben, den unsere beiden Armeen sich normalerweise teilen“, sagte ein ruandischer Offizier gegenüber der ruandischen Nachrichtenagentur RNA.

Ernest Wamba dia Wamba, Führer des Uganda-treuen Flügels der RCD, sagte jedoch: „Ruander, die keinen Frieden wollen, begannen die Kämpfe.“ Aus Uganda wird berichtet, dass Ruanda seit einem Monat in Vorbereitung auf einen Waffengang mit Uganda Truppenverstärkungen in den Kongo geschickt habe.

Hintergrund der Kämpfe ist die seit April währende Spaltung der RCD zwischen Anhängern Ugandas und Ruandas. Die beiden Flügel streiten darüber, wer das am 10. Juli geschlossene internationale Kongo-Friedensabkommen seitens der Rebellen unterzeichnen soll. Sowohl Ernest Wamba dia Wamba wie auch sein Gegenpart Emile Ilunga auf ruandischer Seite halten sich für den einzigen zeichnungsberechtigten RCD-Führer. Der Streit verhindert den Beginn eines UN-überwachten Friedensprozesses im Kongo, der den seit einem Jahr währenden Krieg zwischen der Regierung von Laurent Kabila und den Rebellen beenden soll. Internationale Vermittler versuchen den Streit zu lösen.

Aber jede Reise von Vermittlern in das zwischen Uganda und Ruanda sowie den beiden RCD-Flügeln geteilte Kisangani führt zu Kriegshandlungen. So kam es am vorletzten Wochenende, als Politiker aus Sambia einreisten, bereits zu heftigen Straßenkämpfen, die sich Mitte letzter Woche bei der Anreise der südafrikanischen Außenministerin Zuma wiederholten.

Die neuesten Gefechte sind aber die ersten, bei denen Uganda und Ruanda direkt ihre Armeen gegeneinander ins Feld schicken. Die beiden Länder sind alte Freunde. Ihre Regierungen brachten 1997 gemeinsam Laurent Kabila im Kongo an die Macht und starteten 1998 gemeinsam die RCD-Rebellion gegen Kabila, als dieser ugandische und ruandische Interessen im Kongo nicht genügend berücksichtigte. Beide zerstritten sich jedoch über das Vorgehen im Kongo. „Der Krieg gegen Mobutu hat die regionale Machtbalance verändert“, sagte der führende ugandische Publizist Charles Onyango-Obbo der taz. „Ruanda übernahm die bestimmende Rolle. Jetzt versuchen Uganda und Ruanda ihre Positionen neu zu definieren. Uganda versucht den Einfluss zurückzuerlangen, den es vor drei bis vier Jahren hatte.“

Bisher sind beide Regierungen bestrebt, den Konflikt herunterzuspielen. Gestern nachmittag sollten in Ugandas Hauptstadt Kampala Gespräche auf höchster Ebene beginnen. Es wird jedoch bezweifelt, dass die Regierungen ihre kämpfenden Truppen im Kongo völlig unter Kontrolle haben.