Querspalte

■ Talk-Show aus Brüssel

 EU-Kommissionspräsident Prodi hatte eine tolle Idee. Alles soll ja nun viel offener und ehrlicher werden in Europa. Also darf das Parlament in Straßburg die neuen Kommissare nun ausquetschen, und wir alle dürfen mithören. Die Fragebögen sind bereits im Internet – unter www. europa.eu.int/comm/newcomm/hearings/index_de.htm. Antworten sollen bis zum 30. August kommen.

 Begierig stürzen sich also Millionen Europafanatiker ins Net, um das Neuste von ihren Stars zu erfahren. Gleich die erste Fragekategorie heißt „Persönliches“. Klasse! Vielleicht erfahren wir hier von Kommissarin Michaele Schreyer, zu welcher Mucke sie abdanct? Ob sie schon mal einen Freund hatte? Wo man Autogramme herkriegt?

 Pustekuchen, die Parlamentarier haben einfach kein Gespür, was die Bürger interessiert, und reden einzig über komische Sachen, von denen Otto Normaleuropäer nichts versteht. Fragen wie „Würden Sie das Konzept des Öko- und Sozial-Audits für die Gemeinschaftsaufgaben einführen?“ locken keinen Europäer hinter dem Ofen vor.

 Zugegeben, die Neuen müssen ja auch erst mal einen auf seriös machen, sie sind schließlich noch nicht gewählt. Vielleicht sollten wir dann die alten Kommissare zu Rate ziehen, um Brüssel intim zu erfahren und Europa endlich zu verstehen. Internet schön und gut, aber dafür muss einfach eine Talk-Show her. Und wer käme dafür besser in Frage als Margarethe Schreinemakers?

 Gerüchten zufolge feilt die Europa-Expertin schon an einem Konzept. Zwei Titel kommen in die engere Wahl „Mit Europa auf Du und Du“ und „Klartext aus Brüssel“. Die ersten Folgen mit Gästen stehen schon. Den Anfang macht Martin Bangemann unter dem Motto „Ich steh auf Kohle“. Danach der Hauptkommissar Karel van Miert zum Thema: „Stimmen in meinem Kopf befehlen mir die Zerstörung der Buchpreisbindung“. Bernd Dörries