Dachbalken, Fahnen, Feuerlöscher, Leere ...

■ Was verbirgt sich wohl auf dem Speicher des Rathauses? Mehr als Staub und Spinnenweben? Womöglich das Bernsteinzimmer? Oder nur das noch nicht verscheuerte Tafelsilber der Stadt? / Erster Teil der taz-Serie, die in losen Folgen Orte beschreibt, die die Bremer sonst nur von außen kennen

Vor Enttäuschungen hatte Hermann Pape ausdrücklich gewarnt. „Da oben gibt es nichts zu sehen, wirklich gar nichts“, sagt der Sprecher des Rathauses über den Dachboden des Rathauses. „Gar nichts. Tatsächlich nur Staub und Spinnenweben“. Doch die taz will trotzdem wissen: Wie sieht es aus über den regierenden Häuptern unserer Stadt?

Bis in den zweiten Stock des Rathauses führt die große Treppe. Roter Teppich, Gemälde und Büsten. Dann ist die Öffentlichkeit vorbei: Kein Teppich mehr, kein Schmuck, kleine Treppe. Über Schleichwege geht der Weg zum Speicher. An Türen der Buchbinder, Möbellager und Hausmeisterwohnung vorbei. Die Tür zum Dachboden steht offen.

So ganz stimmt Papes Einschätzung natürlich nicht. Schätze gibt es auf dem Dachboden des Bremer Rathauses tatsächlich nicht zu sehen. Erst recht nicht das verschollene Bernsteinzimmer. Aber es gibt mehr als Staub und Spinnenweben: Holz. Ein Panorama alter Eichenbalken. Dutzende von dicken, viereckigen Balken, die das Dach tragen. Und ein Gewölbe aus Holz schaffen. 600 Jahre alt, vermutet Pape. Manche tragen römische Zahlen. Jahreszahlen von siebzehnhundertund – der muss ausgebessert worden sein, korrigiert Pape.

Kreuz und quer verlaufen die Streben durch den länglichen Raum. Kleine milchige Fenster sorgen für Licht. Man muss sich ducken. Und balancieren. Eine gerade Fläche hat der Boden nicht. Immer wieder muss man über Balken und Stufen klettern.

Zwei Türen führen nach draußen aufs Dach. Ganz unten die Buden auf dem Markt. Der Gang hier oben läßt dreißig Zentimeter Platz, dann fängt die Patina an. Auf dem Steinsims und den Tierfiguren kleben schwarze Gummireste. Das sollte früher vor Tauben schützen, erzählt Pape. Vor vierzig Jahren. Oder so.

Genutzt wird der Dachboden nicht. Nicht mal als Abstellraum. Besucher dürfen schon mal gar nicht rein. „Nur für die Fahnen“, sagt Hermann Pape. Drei lange Stangen liegen in Position. Von hier aus wird in Bremen für hohe Besuche geflaggt. Eigene Flaggen, erklärt Pape, hat Bremen nicht. Bis auf die Speckflagge der Hansestadt. Der Rest wird bei einem Verleih ausgeliehen.

Still ist es auf dem Dachboden. Nur die Klimaanlage surrt. Von hier oben sorgt der Kasten für die richtige Luftfeuchtigkeit im Güldenzimmer. Sonst gibt es nur Feuerlöscher und einen Feuermelder. Mehr nicht. Aber Holzbalken. Und wenn die erzählen könnten ... pipe