Anders arbeiten
: Arbeitszeitmodelle übersichtlich komprimiert

■ Zeitguthaben, Sabbatjahr, Staffeten-Übergabe – eine neue Broschüre zeigt Lichtungen im Arbeitszeiten-Dickicht

Ein halbes Jahr hat die Uni-Crew von insgesamt fünf SoziologInnen um Prof. Helmut Spitzley des Forschungsschwerpunktes „Arbeit und Region“ sich durchs Arbeitszeitdickicht Bremer Betriebe geschlagen. Das Ergebnis liegt jetzt vor. 60 gut gegliederte Seiten geben einen Überblick über „Neue Arbeitszeitmodelle in Bremen und Bremerhaven“. 21 Betriebe und die auf sie passgenau zugeschnittenen Arbeitszeitmodelle werden darin beschrieben – von der Siemens AG über das Lidice-Haus bis zum Anlagenbauer Louis Schierholz GmbH. Das besondere daran ist – neben einer Stellungnahme von Betriebsrat und Geschäftsführung zu den Interessenüberschneidungen, die eine solche Vereinbarung jeweils möglich gemacht haben – auch, dass AnsprechpartnerInnen samt Telefonnummern in den jeweiligen Betrieben genannt wurden.

Die Broschüre, die unter dem Einfluss der Agenda 21 im Auftrag des Bremer Beschäftigungsbündnisses in Bremen entstand, „soll vernetzen helfen“, sagt der Soziologe und Mitarbeiter des Projektes, Wolfgang Schnecking. Es sei dabei gerade nicht um Anonymität gegangen – sondern vorrangig darum, die „unerwartete Vielzahl und Bandbreite“ an bereits vorhandenen Arbeitszeitmodellen sichtbar und für eventuelle NachahmerInnen zugänglich zu machen. Wichtige Voraussetzung, um in die Broschüre aufgenommen zu werden, war dabei, dass die Arbeitszeitmodelle sich in Richtung „weniger arbeiten“ orientieren und entweder: – Arbeitsplätze sichern oder schaffen; – Teilzeitquoten erhöhen; – neben der Flexibilität der Unternehmen auch die Zeitsouveränität von Beschäftigten erhöhen oder – die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken.

Allen Modellen liege zugrunde, „dass beide Seiten davon profitieren“, so Schneckenberg. Experten gehen davon aus, dass eine geschickte Kombination der Arbeitszeit-Interessen von verschiedenen Beschäftigtengruppen, Betriebsräten und Firmenleitungen die Produktivität um rund vier Prozent steigern. An den Bremer Beispielen wird allerdings deutlich, wie unterschiedlich die Interessen sind – und wie weit man je nach wirtschaftlicher Firmenlage – bei Zugeständnissen geht. An den beiden Polen herausragend sind die Firma Elektron-Bremen und die KSB-Service GmbH. Elektron, Untertitel: „Im Sommer weniger – im Winter mehr“, verhindert Entlassungen und Kurzarbeit durch ein Jahresarbeitszeitkonto, das durchgängig stabile Lohnzahlungen garantiert. Beobachter stellen dabei fest, dass die Firma dabei durchaus beispielhaft in Vorleistung bei den Lohnzahlungen geht, weil das Überstundenkontingent beschränkt bleibt. Anders dagegen bei der Firma KSB, Untertitel: „Flexibilisierung durch Langzeitkonto“ (siehe auch Seite 21). Hier wird extrem hohe Flexibilität durch ein unbefristetes Langzeitkonto von 580 Stunden erreicht. Sie sollen, so geht aus der Broschüre hervor, sobald eine entsprechende Vereinbarung getroffen würde, für die Reduzierung der Lebensarbeitszeit eingesetzt werden. Der Betriebsrat beklagt in seiner Stellungnahme, dass für die rund 75 Beschäftigten bereits 4.000 Überstunden aufgelaufen sind.

ede

Arbeitszeitmodelle in Bremen und Bremerhaven, Hrsg. Senator für Arbeit. Die Broschüre liegt teilweise öffentlich aus (Angestelltenkammer) oder ist zu beziehen über das Arbeitsressort in der Contrescarpe 73, 28195 Bremen Tel.:  361-103 41