Die Schülerschaft muss mitreden!

betr.: „Ende der Veranstaltung“, taz vom 5. 8. 99

[...] Die Debatte geht in erster Linie um das „Sparen“ und wie man gleichzeitig zumindest einen Kern (würde ich „Elite“ sagen, würde man mir linke Verbohrtheit unterstellen) an qualifizierten akademischen Führungspersonen und Facharbeitern für den aktuellen Bedarf der Wirtschaft sichert. Und hier liegt in der Analyse der Konfliktlinien in der Bildungsdebatte die Schwäche des vorliegenden Artikels. Dettling schiebt die Verantwortung auf Denk- und Innovationsblockaden der Lehrer und traditioneller „Gleichheitsromantiker“. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Zwar ist richtig, dass Lehrerkollegien kaum kritische Gestalter des Schulalltags sind. Die in ihrer Funktion in fast allen Bundesländern mit autoritären Befugnissen (und meistens der entsprechenden Denke) ausgestatteten Schulleiterinnen und Schulleiter stechen hier noch mehr hervor. Doch muss man diese ausführenden Teile des Bildungssystems teilweise in Schutz nehmen: Wer nur noch Mängel zu verwalten hat, kann kaum gestalten. Die Blockade liegt meines Erachtens nicht in erster Linie (aber auch) bei unwilligen und alten, frustrierten Lehrern oder aktiven bildungspolitischen Akteuren wie Studierendenvertretungen, Schülervertretungen und Gewerkschaften, sondern sie liegt vor allem an der durch Sparlogik gelähmten „Kanzler Schröder“-SPD und an der durch Zentralabiturslogik beziehungsweise Elitebildung stets rückwärtsgewandten Konservativen, die einen Aufbruch in der Bildungspolitik verhindern. [...] Niemand diskutiert über einen neuen Bildungsbegriff, der den neuen Herausforderungen der Informationsgesellschaft über die kurzfristigen Bedürfnisse einzelner Unternehmen hinaus im Sinne einer sozialen, friedlichen und ökologischen Gesellschaft gerecht wird. Eine Debatte, die sich also mit der Frage auseinandersetzt, wie allen Menschen heute und morgen eine umfassende emanzipierende und orientierende Bildung überhaupt erst einmal zugänglich gemacht werden kann. Wir brauchen diese Debatte, um das Bildungssystem als Grundlage für Innovation und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu entwickeln.

Was mich als langjährigen Schülervertreter am meisten ärgert ist, dass alle Debattenanläufe in der Schul- und Bildungspolitik immer wieder unter dem Ausschluss von den eigentlichen Subjekten der Debatte, den Schülerinnen und Schülern gestartet werden. [...] Statt dass Schulleiter und Bildungsminister wieder entscheiden, wie man an unserer Zukunft sparen kann, sollten sie endlich einmal auch die wirklich Betroffenen hören. [...] Ole Erdmann, Mitglied des Bundesvorstandes der Jusos in der SPD, Verantwortlicher für SchülerInnenarbeit, Bonn