Nigeria schafft seine Gasfackeln ab

Afrikanische Regierungen bauen mit den Ölkonzernen Chevron und Shell eine Pipeline, um nutzlos abgefackeltes Erdgas aus Nigeria nach Westafrika zu bringen  ■   Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Eine der schlimmsten ökologischen Dauerkatastrophen der Welt könnte bald der Vergangenheit angehören: das Abfackeln von Erdgas bei der Ölförderung in Nigeria. Die seit Jahrzehnten andauernde gigantische Energieverschwendung macht große Teile von Nigerias Ölfördergebieten im Wortsinne zur Hölle. Tag und Nacht lodern gigantische Flammen aus den Ölquellen und führen zu dauerhafter unerträglicher Hitze und Luftverschmutzung. 70 bis 75 Prozent der täglich entweichenden 2,5 Milliarden Kubikfuß (etwa 250 Millionen Kubikmeter) Erdgas gehen auf diese Weise in Flammen auf.

Am Montag unterzeichneten die staatlichen Ölgesellschaften von Nigeria, Benin, Togo und Ghana zusammen mit Nigerias wichtigsten Ölmultis Shell und Chevron ein lang erwartetes Abkommen zum Bau einer Gaspipeline für Westafrika. Für 450 Millionen Dollar will das von Chevron angeführte Konsortium eine etwa 1.000 Kilometer lange Pipeline bauen, die Benin, Togo und Ghana mit nigerianischem Erdgas versorgen soll. Die Pipeline soll bis 2002 fertig werden und vorerst täglich 120 Millionen Kubikfuß transportieren – eine Menge, die jedoch noch auf das Dreifache anwachsen soll, wenn die entsprechenden Kapazitäten in den Zielländern entstehen.

Es ist ein Deal, von dem alle profitieren. Nigeria verringert seine Umweltverschmutzung und erhöht seine Exporte. Togo, Benin und Ghana, die unter chronischer Energieknappheit leiden, bekommen eine billige neue Brennstoffquelle. Dadurch verringert sich in diesen Ländern der Druck, umweltschädlichere Energien zu benutzen, vor allem Holzkohle.

„Das verringerte Abfackeln des Erdgases wird die Menge der Treibhausgasemissionen reduzieren“, sagte George Kirkland, Vorsitzender von Chevron-Nigeria. „Wir glauben, dass die Westafrika-Gaspipeline als eines der weltweit ersten sauberen Entwicklungsprojekte unter dem Protokoll von Kioto gelten könnte.“ Angeblich soll die Pipeline Treibhausgasemissionen von 100 Millionen Tonnen im Jahr sparen.

Die Idee, Nigerias Gas zur Versorgung Westafrikas zu nutzen, ist so alt wie das Abfackeln, blieb aber jahrzehntelang auf dem Papier stehen. Erst 1995 richteten die vier betroffenen Länder eine Arbeitsgruppe ein, um die Realisierbarkeit der Pipeline zu prüfen. April 1998 erklärten sich Shell und Chevron sowie die Ölfirmen von Nigeria und Ghana bereit, die entsprechenden Studien zu finanzieren. Sie wurden schließlich zwischen Herbst 1998 und Frühjahr 1999 ausgeführt, unter anderem von einer deutschen Firma.

Neben dem Gasexport nach Westafrika sind in Nigeria zahlreiche weitere Gasprojekte in Arbeit. Ein Milliardenprojekt von Shell zum Flüssiggasprojekt soll nigerianisches Gas in tiefgekühlter Form nach Europa bringen. Dazu kommen Projekte zur Erdgasnutzung in Nigeria selbst sowie zur Verringerung des Erdgasausstoßes bei der Ölförderung.

Ein Grund für die vielen Aktivitäten ist, dass die neue gewählte Regierung von Nigeria Druck auf die Ölfirmen ausübt, damit sie ihre Förderung umwelt- und sozialverträglicher gestalten. Nur so können die andauernden Aufstände der Bewohner der Ölfördergebiete beendet werden.