: Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine
B
Better than Chocolate R: Anne Wheeler, D: Wendy Crewson, Karyn Dwyner, Christina Cox
„Wenn Frauen zu sehr lieben: Die neugierige Maggie reibt sich auf zwischen ihrer neuen Freundin Kim, der neurotischen Mutter und ihrem Engagement im Frauenbuchladen. Eine schlecht ausbalancierte Komödie mit Gute-Laune-Message: Frau wird irgendwie glücklich.“ (Der Spiegel) Cinema
Der Bremen-Film 1945-1989 Bremen 1999, R: Ulrich Scholz
Man verzeiht den Dokumentarfilmern ja fast alles, wenn sie ungesehene Bilder vom Altbekannten zeigen. Der zweite Teil der Bremen-Trilogie von Ulrich Scholz (Regie & Schnitt) und Diethelm Knauf (Buch & Recherche) hat die gleichen Schwächen wie sein Vorgänger: Filmmusik und Sprecherstimme leiern monoton, der Text ist so pädagogisch wie Lehrfilme aus den 60ern. Der Film beginnt natürlich mit Trümmerlandschaften, und von den 50ern zeigt er fast nur Handel und Wandel. Protzen konnten und wollten die Filmemacher mit ihren Schätzen aus den 60ern: Dutschke in der Lila Eule, Bruno Ganz im Bremer Theater und Uschi Nerke im Beatclub. Von den 70ern bleibt schon weniger in Erinnerung (Reformuni und das schöne Ostertorviertel), und bei den 80ern machten die Filmemacher nur noch Dienst nach Vorschrift. Im letzten Drittel überraschen nur noch die Bilder von der britischen Königin auf dem Marktplatz (mit Koschnick und Roland im Hintergrund) als Kuriosität. (hip) Schauburg
Buena Vista Social Club USA 1998, R: Wim Wenders, D: Ry Cooder and the Buena Vista Social Club
Nun ist es mit Wim Wenders schon so weit gekommen, dass es ein Lob ist, wenn man sagt, sein neuer Film würde überhaupt nicht wie ein Film von Wim Wenders aussehen. Der einstige Hoffnungsträger des deutschen Films hatte sich scheinbar endgültig in den Elfenbeinturm zurückgezogen, aber nun holt ihn sein Leib- und Magenmusiker Ry Cooder wieder ins wirkliche Leben zurück. Er lieferte Geschichte, Personal, Drehorte und Musik – Wim Wenders brauchte wirklich nur die Kamera draufzuhalten. So gehört der Film ganz und gar dem „Buena Vista Social Club“, einer Gruppe von über siebzig Jahre alten kubanischen Musikern, die alle schon ihre Karrieren beendet hatten und ärmlich als Schuhputzer oder Hausmeister ihr Leben fristeten. Ganz zufällig brauchte Ry Cooder vor einigen Jahren in Havanna ein paar kubanische Musiker für eine Plattenaufnahme, entdeckte die alten Hasen, holte sie aus dem Ruhestand zurück, nahm die Platte „Buena Vista Social Club“ mit ihnen auf, und diese wurde überraschend ein großer internationaler Erfolg. So zeigt der Film etwa den 92jährigen Compay Segundo, der stolz über seiner brennenden Havanna verkündet: „Ich rauche seit 85 Jahren.“ Oder den Pianisten Ruben Gonzales, der an Arthritis litt, zehn Jahre lang an keinem Klavier gesessen hat und nun auf dem Steinway wunderbar jazzig improvisiert. Die Stimme des 71jährigen Ibrahim Ferrer (Kubas Nat King Cole) mag manchmal ein wenig brüchig klingen, aber gerade dadurch schwingt in ihr die ganze Kultur des kubanischen „Son“ mit. (hip) Schauburg, Casablanca (OmU, Ol)
E
EDtv USA 1999, R: Ron Howard, D: Matthew McConaughey, Jenna Elfmann
„Es ist ein Angebot, das er einfach nicht ausschlagen kann: Ruhm und Rampenlicht und eine Gewinnbeteiligung noch dazu. Ausgerechnet den etwas antriebsschwachen Angestellten Ed Pekurny will der Fernsehsender „True TV“ rund um die Uhr auf Sendung bringen und zum Star eines eigenen Kanals machen. Mit einer Kamera als ständigem Begleiter und einer ganzen Nation als neugierige Nachbarn gerät Eds Alltag jedoch schnell aus den Fugen. Als die dunklen Seiten seiner Familiengeschichte ans Tageslicht gezerrt werden, begreift Ed, dass er für seinen Pakt mit dem TV-Teufel einen zu hohen Preis bezahlen muss. Regisseur Ron Howard balanciert seine Geschichte gekonnt zwischen komischen und dramatischen Momenten aus, eine geschickte Kameraführung liefert doppeldeutige Bilder und sorgt immer wieder für hintersinnige Brüche. Wählte Peter Weir mit seiner „Truman Show“ noch eine intellektuellere - und wesentlich bizarrere - Variante der Medienkritik, präsentiert sich „EDtv“ eher als Familienkomödie mit satirischem Einschlag, die vom real existierenden Medienirrsinn längst nicht so weit entfernt ist.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kinocenter, Passage (Del), Solitaire (Westerstede)
Eine wie keine USA 1998, R: Robert Iscove, D: Rachael Leigh Cook, Freddie Prinze Jr.
„Ein College-Film vom Reißbrett: Der Schönling Zack pickt sich die graue Maus Laney heraus und spielt ihr Liebe vor, um sie zur Prom-Queen zu machen. „Der Widerspenstigen Zähmung“ von Shakespeare stand Pate, doch an der Westküste sieht das so aus: makellose Körper und kindische Intrigen.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kinocenter, Passage (Del)
F
Die Farbe der Lüge Frankreich 1998, R: Claude Chabrol, D: Sandrine Bonnaire, Valeria Bruni Tedeschi
„Ein Krimi oder eine Dreiecksgeschichte oder eine Abrechnung mit Suspense-Meister Hitchcock – oder alles zusammen? Claude Chabrol wollte keinen weiteren „Masken“-Film machen, sondern der Lüge als existentieller Grundkonstante auf die Spur kommen. Deshalb lügen ausnahmslos alle in der von zwei Morden heimgesuchten bretonischen Dorfgemeinschaft, auch die rührige Pariser Kommissarin (Valeria Bruni Tedeschi). Und sogar die Gemälde. Trompe l'oeil heisst das Schlüsselwort dieses mit üppigen Bildmetaphern angereicherten Films, der den Künstler René als Hauptverdächtigen und die rätselhafte Farbe Blau zum Leitmotiv erkoren hat und seine Geheimnisse bei Nacht und Nebel und bester Unterhaltung bis zuletzt zu bewahren versteht.“ (Neue Zürcher Zeitung) Atlantis
G
Der General Großbritannien 1998, R: John Boorman, D: Brendan Gleeson, Adrian Dunbar
„Was für ein fabelhafter Gangsterfilm, wie man ihn so gerissen eigentlich längst nicht mehr macht! Nicht wüstes Geballer, sondern Atmosphäre, Charakter, Psychologie – und das alles in sattem Schwarzweiß! Die Titelrolle spielt der irische Kraftkomödiant Brendan Gleeson: In den achtziger Jahren war der Meisterdieb Martin Cahill, genannt „der General“, ein Dubliner Volksheld und Liebling der Boulevardpresse – einerseits ein herzhafter Prolet, der mit seinen zwei Frauen und ihren Kindern in einem Häuschen lebt, Tauben züchtet und sich jede Woche brav in die Schlange vor dem Sozialamt stellt, um sein Arbeitslosengeld abzuholen; andererseits ein eiskalter Verbrecher, der mit seiner Bande die kühnsten Juwelen- und Kunstdiebstähle wagt. Da die Polizei ihn keiner Tat überführen konnte, zettelte sie einen Streit zwischen Cahill und der IRA an, die ihn 1994 erschoss. Diese Gangstervita erzählt der britische Altmeister John Boorman, noch einmal in Bestform, mit großer Faktentreue und noch größerer Kinofantasie.“ (Der Spiegel) Filmstudio
Gloria USA 1999, R: Sidney Lumet, D: Sharon Stone, Jeremy Northam / Originalfassung ohne Untertitel
„Das Kind ist Mordzeuge, aber auch so nervtötend, dass man jedem danken möchte, der das Balg aus diesem Film eliminiert. Der Gangster will das sofort erledigen, kommt aber nicht dazu. Denn seine Braut (Sharon Stone) will ihm eins auswischen und sucht mit dem Knirps das Weite. Sidney Lumet hat John Cassavetes' ruppig-spröde „Gloria“ zu einem spannungslosen, tränenreichen Traktat über Muttergefühle in der Unterwelt verniedlicht. Da fallen selbst darstellerische Totalausfälle, unstimmige Details und prätentiöse Dialoge nicht auf. Und der herzliche Schluss misslingt natürlich auch: Wer bei diesem Film weint, weint sicher auch bei einer Tampon-Werbung.“ (Cinema) UFA-Palast
Goodbye Lover USA 1998, R: Roland Joffé, D: Patricia Arquete, Don Johnson, Dermot Mulroney
„Image ist alles, und nichts ist so, wie es scheint. Regisseur Roland Joffé verbindet in einer sarkastischen Geschichte vom Mord und Versicherungsbetrug auf intelligente Weise den schwarzhumorigen Thriller mit Mediensatire und einem bitteren Kommentar zum amerikanischen Traum von Erfolg und Reichtum. Vor allem aber ist „Goodbye Lover“ ein Vexierbild für den Zuschauer: Immer wenn man glaubt, einen Zugang gefunden und die Motive der Figuren durchschaut zu haben, nimmt der Plot eine neue Wendung.“ (tip) CinemaxX, UFA-Palast
Das große Krabbeln USA 1998, R: John Lasseter
„Der zweite komplett computeranimierte Walt-Disney-Film: ein Volltreffer. Der Überlebenskampf einer Ameisenkolonie wird witzig erzählt, die Animationen sind ein technisches Wunderwerk. Regisseur John Lasseter hat es genau richtig gemacht: kein Amimationsfilm für Erwachsene, sondern ein Märchen, um das Eltern ihre Kinder beneiden. Spielbergs „Antz“ sehen da ziemlich alt aus.“ (Der Spiegel) Filmstudio
H
Die Häupter meiner Lieben Deutschland 1999, R: Hans-Günther Bücking, D: Christiane Paul, Heike Makatsch
„Cora und Maja sind unzertrennliche Freundinnen. Sie verreisen gern zusammen und träumen vom lustigen Leben in der Toskana. Hin und wieder muss auch ein Mann dran glauben, wenn er der angestrebten Idylle im Wege steht. Was sich anhört wie der Beginn einer wunderbar makabren Komödie, ist leider nur eine werktreue Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Ingrid Noll – ziemlich betulich, echt kuschelweich und erstaunlich witzfrei.“ (tip) UFA-Palast, Ziegelhof-Kinos (Ol)
Hilary & Jackie Großbritannien 1998, R: Anand Tucker, D: Emily Watson, Rachel Griffith
„Mit Pauken und Trompeten inszeniert der Brite Anand Tucker die tragische Lebensgeschichte der genialen, jung verstorbenen Cellistin Jacqueline de Pré. Die autobiografische Vorlage („A Genius in the Family“) stammt von ihrer Schwester Hilary Finzi, die sich offensichtlich als lebenslanges Opfer einer schweren Neurotikerin, aber in Hasslieben der berühmten Schwester verbunden fühlt, die immer das wollte und bekam, was sie selbst hatte – schließlich sogar zwecks therapeutischen Beischlafs ihren Mann. Es ist vor allem Emily Watson und Rachel Griffith in den Rollen von Jackie und Hilary zu verdanken, dass der wild zwischen Farce und Melodram, Satire und Beziehungsstudie gondelnde Film in der zweiten Hälfte doch noch die emotionale Kraft erreicht, die ihn über eine schräge Kitschorgie hinaushebt.“ (Neue Zürcher Zeitung) Filmstudio, Casablanca (Ol)
I
Instinkt USA 1999, R: Jon Turteltaub, D: Anthony Hopkins, Cuba Gooding Jr, Donald Sutherland
„Der ehrgeizige Psychiater Cuba Gooding Jr. stürzt sich mit dem Segen seines Mentors Donald Sutherland auf seinen ersten großen Fall: die Rehablilitierung des unter Mordverdacht in einem Hochsicherheitstrakt einsitzenden Verhaltensforschers Dr. Anthony Hopkins, der mehrere Jahre unter Gorillas gelebt hatte. Ein unausgegorener Mix aus „Gorillas im Nebel“, „Einer flog übers Kuckucksnest“ und so ungefähr jedem Gefängnisfilm seit „Papillon“.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter
J
John Carpenters Vampire USA 1998, R: John Carpenter, D: James Woods, Daniel Baldwin, Sheryl Lee
„Der Typ ist nicht nur hässlich, er riecht auch schlecht!“ – Vampirjäger Jack Crow (James Woods in bestechender Form) ist deutlich anzumerken, dass ihm die blutsaugenden Untoten mächtig auf den Zeiger gehen, speziell deren Oberanführer, Vampirfürst Valek. Crow wurde von Kardinal Alna (Maximilian Schell) in die Wüste von New Mexico geschickt. Im Auftrag des Vatikans soll er mit dem High-Tech-bewaffneten Team um Daniel Baldwin verhindern, dass Vale in den Besitz eines sagenumworbenen Kreuzes kommt. Ironisch, doch voller Respekt für das Genre, mit beinahe charmanten, weil gerade nicht digital erzeugten Effekten, ist „Vampire“ für den Kultregisseur John Carpeneter ein Schritt in die richtige Richtung. Wem sonst als Howard-Hawks-Fan Carpenter könnte es gelingen, einen modernen Vampir-Horrorfilm zu drehen, der in der Gestalt eines klassischen Western daherkommt?“ (TV-Spielfilm) Cinemaxx, UT-Kino
K
Kalmans Geheimnis Niederlande/Belgien/USA 1997, R: Jeroen Krabbe, D: Isabella Rossellini, Laura Fraser, Jeroen Krabbe
„Der Film erzählt in wunderschönen Bildern die Geschichte der jungen Jüdin Chara. Ihre Eltern waren ins KZ Auschwitz gesperrt, Familienmitglieder von deutschen Faschisten ermordet worden. Das ist ihr schnuppe. Erst als sie aus Geldnot ausgerechnet bei einer ultra-orthodoxen jüdischen Familie als Kindermädchen anheuern muss, setzt sie sich mit jüdischer Geschichte, mit ihren geschundenen Eltern und sich selbst auseinanmder. Sie bekommt Zugang zu jüdischer Kultur. Ein Geschichtsfilm mit einprägsamen Bildern aus dem morbiden Antwerpen, hinreißenden SchauspielerInnen, tragisch, hochpolitisch und voller lebensbejahendem Humor.“ (taz) Cinema, Casablanca (Ol)
L
Das Leben ist schön Italien 1998, R: Roberto Benigni, D: Benigni, Nicoletta Braschi
„In seinem vieldiskutierten (und -prämierten) Film spielt Benigni einen lebenslustigen, jüdischen Buchhändler, der nach einigen Jahren glücklichen Familienlebens mit seinem vierjährigen Sohn in ein deutsches Vernichtungslager gebracht wird, in das ihm seine junge Frau aus freien Stücken nachfolgt. Der Vater, der sein Kind im Lager verstecken kann, redet diesem ein, das ganze sei nur ein großangelegtes Spiel, bei dem der Gewinner mit einem richtigen Panzer belohnt werde. Benignis melancholische Clownerie und das vorzügliche Spiel aller Beteiligten machen dieses ebenso bewegende wie burleske Lagermärchen zu einer hintergründigen Tragikomödie.“ (NZZ) UT-Kino
M
MacCool und der Piratenschatz Australien 1998, R: Mario Andreacchio, D: Jason Robards, Jennifer Croft
„Ein 149 Jahre alter Papagei kennt das Versteck eines sagenumwobenen Piratenschatzes. Man will dem Star dieses Kinderabenteuers ja nichts Schlechtes wünschen, aber sein Geplapper nervt!“ (TV-Spielfilm) CinemaxX
Matrix USA 1999, R: Andy & Larry Wachowski, D: Keanu Reeves, Laurence Fishburne
„Dieser Science-Fiction-Film war einer der Frühjahrshits in den USA und katapultierte Hauptdarsteller Keanu Reeves trotz gewohnt hölzener Leistung in die Zwölf-Millionen-Dollar-Klasse. Die Story bedient sich bei Mythen der Filmgeschichte, plündert „Alien“ ebenso wie „Strange Days“: Die Welt wird von Maschinen beherrscht, die die ahnungslosen Menschen in einer gewaltigen Computer-Simulation gefangenhalten. Nur eine Rebellenschar um den Anführer Morpheus (Laurence Fishburne) kämpft gegen die Versklavung. Der Clou des Films sind die mitreißenden Kung-Fu-Choreografien und sensationelle Special Effects. Nach „Matrix“ werden Action-Filme anders aussehen.“ (Der Spiegel) Cinemaxx, Apollo (Whv)
Mein großer Freund Joe USA 1998, R: Ron Underwood, D: Bill Paxton, Charlize Theron
„Der 1949 von Ernest B. Schoedsack inszenierte King-Kong-Nachfolger „Mighty Joe Young“ ist ein ideales Modell für einen Kinderfilm und damit für diese Disney-Produktion: Statt des Furcht und Schrecken verbreitenden Riesenaffen ist es hier ein junger Gorilla, der sich mit einem kleinen Mädchen anfreundet und von diesem und seinen Verbündeten vor bösen Menschen geschützt wird. Schon der Film von 1949 war etwas aufdringlich in seinem Bemühen, den Titelhelden als kuscheliges Wesen zu präsentieren. Der Fortschritt der Tricktechnik macht den Nachfolger (eine Mischung aus Computersimulation und Make-up-Technik) 50 Jahre später natürlich „realistischer“, auch wenn er in den (wenigen) Momenten, in denen Joe mal nicht rennen muss, etwas von dem altmodischen Charme seines mittels Stop-Motion-Technik bewegten Vorgängers hat.“ (epd-film) CinemaxX, UT-Kinocenter
Message in a Bottle USA 1999, R: Luis Mandokis, D: Kevin Costner, Robin Wright Penn, Paul Newman
„Geschiedene Journalistin entdeckt Flaschenpost romantischen Inhalts und erwidert sie mit ebensolchen Empfindungen. Der Unbekannte: ein verwitweter Segelbootbauer in den angeblich besten Jahren, der seiner allzufrüh verstorbenen Künstlerfrau eine beinahe reliquienkultische Verehrung entgegenbringt. Luis Mandokis mit der großen Kelle angerührter Schauspielerfilm leidet unter anderem an der allzu guten Werbespot-Verträglichkeit mancher Bilder und an der Aufsässigkeit, mit der unserer Tränendrüse das Ende als ein Hochtragisches empfohlen wird. Überzeugender als Kevin Costners mimische Stereotypien wirken Robin Wright Penn als weibliche Protagonistin und Paul Newman in der Rolle eines unbequem-hellsichtigen väterlichen Ratgebers.“ (Neue Zürcher Zeitung) Schauburg
Die Mumie USA 1999, R: Stephen Sommers, D: Brendan Fraser, Rachel Weisz
„Das Remake des Universal-Klassikers „Die Mumie“ von 1932 orientiert sich leider zu sehr am heutigen Abenteuerfilm. Trotz stimungsvoller Horror-Elemente und spektakulärer Spezial-Effekte wird der Film durch nervige komödiantische Einlagen verwässert. Man wird zwar unterhalten, aber nie erschreckt.“ (tip) CinemaxX
N
Nachtgestalten Deutschland 1998, R: Andreas Dresen, D: Meriam Abbas, Dominique Horwitz, Michael Gwisdek
„Es ist Nacht in Berlin, und es regnet in Strömen. Unversehens hat die obdachlose Hanna beim Betteln einen Hunderter in der Kasse. Ein seltenes Glück. Doch schmerzensreich ist der Weg zur ersehnten Nacht im Hotel mit Bett, Dusche und Freund Viktor, obwohl doch alles glatt gehen könnte. Wären da nicht das Schicksal, ihr schlechtes Benehmen, die U-Bahn-Kontrolleure, die Polizei und der Papst, der auf Besuch mit seinen Schäfchen sämtliche Hotelbetten belegen muss. In „Nachtgestalten“ ist die Geschichte von Hanna und Viktor nur eine von drei großen und vielen kleinen Episoden, die sich miteinander verbinden und wieder lösen. Geschickt montiert Dresen in seinem ersten Kinofilm eine Chronologie des Zufalls, ohne diesem mehr als dramaturgische Bedeutung zuzuschreiben. Denn nichts kann die Schicksale wirklich miteinander verknüpfen. Alle werden nass, doch für verschiedene Menschen bedeuten ein paar verregnete Stunden bei allem Missgeschick nie dasselbe. Wie es denn nun ist, das „Leben auf der Straße“, das kann kein Film der Welt und auch der Papst nicht wissen.“ (taz) Schauburg, Casablanca (Ol)
Notting Hill USA/Großbritannien 1999, R: Roger Mitchell, D: Julia Roberts, Hugh Grant
Die romantische Komödie dieser Kinosaison bringt das englische Flauschemännchen Hugh Grant mit Julia Roberts zusammen. Er ist ein netter, harmloser Buchhändler in London, sie ein Filmstar aus Hollywood. Sie treffen sich, er schüttet Orangensaft auf ihr Kleid und den Rest können Sie sich ja denken. Mit dem Drehbuchautor Richard Curtis, dem Produzenten Duncan Kenworthy und eben Hugh Grant sind drei von den Machern von „Four Weddings and a Funeral“ wieder am Werk, und „Notting Hill“ ist ähnlich gut poliert und routiert inszeniert. Viele smarte Pointen, ein schönes Paar – was will am mehr? Aber wirklich spannend an „Notting Hill“ ist Julia Roberts. Denn sie spielt hier eine Rolle, die so nah an ihrem eigenen Image ist, dass man sich immer wieder fragt: Ist sie wirklich so? Würde sie wirklich so auf den absurden Medienrummel reagieren? Und sie lässt sich nie in die Karten schauen: Julia Roberts spielt immer haarscharf an einem Selbstportait vorbei, und dies tut sie virtuos. Durch sie wird die recht simple Prämisse des Films, nämlich die Frage, wie wir uns verhalten würden, wenn plötzlich ein Weltstar bei uns in der Küche sitzt, zum Ausgangspunkt für eine Reihe von wirklich brillanten Szenen. (hip) Gondel, CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kino, Passage (Del), Solitaire (Westerstede), Wallkino (Ol)
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The Opposite of Sex USA 1998, R: Don Roos, D: Christina Ricci, Lisa Kudrow, Martin Donovan
„Christian Ricci spielt in „The Opposite of Sex“ ein hinreißend frühreifes Früchtchen: Die 16jährige Dedee flieht vor ihrer Mutter, spannt dem schwulen Halbbruder den Freund aus, vertuscht einen Mord und kommt doch am Ende unbeschadet davon. Als Erzählerin kommentiert sie ihre Eskapaden mit Scharfsicht und Lakonie: „Wenn Sie denken, ich bräuchte nur ein wenig Liebe, sind Sie auf dem Holzweg. Ich habe kein goldenes Herz und werde im Laufe des Films auch keins bekommen.“ Dieser schlaue Sommerfilm über die Ausreißerin Dedee, die mitleidlos ihre Beziehungspielchen treibt, ist auch in den Nebenrollen ein Genuss: Lisa Kudrow spielt eine keifende Jungfer, Martin Donovan das schwule Weichei und Lyle Lovett den knorrigen Bullen mit Herz.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, Casablanca (Ol)
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Pünktchen und Anton Deutschland 1998, R: Caroline Link, D: Elea Geissler, Max Felder, Juliane Köhler
„Mit ihrem Kino-Debüt „Jenseits der Stille“ wurde die Regisseurin Caroline Link für den Oscar nominiert. Das wird diesem Film nicht passieren. Zu niedlich die Kinderdarsteller, zu altbacken die Kästnerschen Scherze und Charaktere. Die „German Classics“ von Sat 1 lassen grüßen. Schade, denn mit den Mutterfiguren Juliane Köhler und Meret Becker beweist Link, dass sie moderne Charaktere zeichnen kann.“ (Der Spiegel) CinemaxX, Apollo (Whv)
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Schritte der Achtsamkeit Schweiz 1997, R: Thomas Lüchinger
„Der Film dokumentiert die Reise des buddhistischen Mönchs Thich Nhat Hanh durch Indien, wo er predigt und Übungen zur Selbstbesinnung demonstriert. Der im französischen Exil lebende Vietnamese lehrt eine praktische Methode der Meditation und Bewusstseinserweiterung.“ (tip) Cinema
She's all that USA 1998, R: Robert Iscove, D: Rachael Leigh Cook, Freddie Prince Jr. / Originalfassung ohne Untertitel
Originalfassung und -titel von „Eine wie keine“. Kurzverriss siehe dort. UFA-Palast
Star Wars – Episode 1 – Die Dunkle Bedrohung USA 1999, R: George Lucas, Liam Neeson, Ewan McGregor
„Vor langer, langer Zeit, in einer weit entfernten Galaxis, machten Menschen Filme mit Menschen in ihnen, und einige davon machten Sinn. Dann ist etwas passiert, und die Menschen begannen, aus den Filmen zu verschwinden, zusammen mit dem Sinn. Für eine Weile machte es Spaß, diese Spektakel zu beobachten, aber langsam kippten die Filme in den Wahn, oder zumindest wurden sie hypnotisierend schlecht. Der Witz liegt darin, dass die Zahl der Zuschauer, die sich solch einer Hypnose aussetzten, nicht sank, sondern durchs Dach schoss. Historiker sind sich darin einig, dass dieser Wechsel zum Ende des zweiten Jahrtausends mit einem George-Lucas-Film mit dem Titel „Star Wars: Episode 1 – Die dunkle Bedrohung“ unumkehrbar wurde. Dessen Berechnung glitzert in jeder Einstellung: Der Höhepunkt ist hektisch explosiv, wie zu erwarten, aber es fehlt die Erlösung. Keiner von den Fans im Kino, nicht einmal die Kinder, jubelten oder schwangen ihre Fäuste in der erwarteten Manie, und es zwang sich der unangenehme Verdacht auf, dass Lucas dies absichtlich machte – dass er sich zurückhielt, weil ja noch mehr Gänge in der Küche warteten. „The Phantom Menace“ ist gleichzeitig kindisch unwissend und von Zynismus durchfressen. Ich würde ihn die Enttäuschung des Jahrzehnts nennen, wenn ich nicht, mit vielen anderen, schon die schleichende Befürchtung hatte, dass es so enden würde. Was ist es? Mist. Sagt es laut: Mist! Und wird es die magischen Zig-Millionen Dollars einfahren? Jede Wette!“ (The New Yorker) Europa, CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall-Kino (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede) / Originalfassung im Filmstudio
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Tief wie der Ozean USA 1999, R: Ulu Grosbard, D: Michelle Pfeiffer, Treat Williams, Whoopi Goldberg
„Der Alptraum jeder Mutter: Für ein paar Minuten lässt Beth ihr Kind aus den Augen; als sie wiederkommt, ist es weg. Sieben Jahre später steht Ben dann unvermittelt vor ihrer Tür. Aus dem Teenie und seinen leiblichen Eltern sind Fremde geworden. Leider verwurstet Regisseur Ulu Grosbard Jaquelyn Mitchards gleichnamige Vorlage zum Lore-Roman: Konflikte werden aufs Oberflächliste gelöst, seelische Entwicklungen vorhersehbar durchexerziert. Und so endet dieses potenziell herzzerreißende Familendrama so happy wie ein Groschenroman.“ (Cinema) CinemaxX, UT-Kinocenter
Tim und Struppi am Haifischmeer Belgien/Frankreich 1972, R: Raymond Leblanc
„Steven Spielberg hat ja schon vor Jahren versprochen, bald mal eine Spielfilmversion von einem Tim-und-Struppi-Comic zu machen. Aber solange wir noch auf Harrison Ford mit Tims toller Haartolle warten müssen, bleibt nichts als die alten Zeichentrickfilme aus den 70ern, die regelmäßig in Kino und Fernsehen wieder gezeigt werden. (hip) Schauburg
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Wenn die Gondeln Trauer tragen Großbritannien/ Italien 1973, R: Nicholas Roeg
„Ein englischer Landsitz: Während ihre Eltern im Haus friedvollen Sonntagsbeschäftigungen nachgehen, ertrinkt Christine, die kleine Tochter von John und Laura Baxter, draußen in einem kleinen Teich. Ohne dass der Film zeigt, wie die Familie die Tragödie verarbeitet, wechselt der Schauplatz: In Venedig restauriert John Baxter eine zerfallene Kirche. In der Lagunenstadt fließen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ineinander. Rational nicht zu erklärende Ereignisse stellen die Verbindung zu dem tragischen Tod des Kindes her und verweisen gleichzeitig auf eine tödliche Gefahr, die ihren Vater in der Stadt bedroht, in der ein Serienkiller seine Spuren hinterlässt. Entscheidend für die Wirkung des Films ist, dass die Präsenz des Übersinnlichen eher impliziert als behauptet wird. In einer raffinierten Gratwanderung erscheint es lediglich als Frage der Wahrnehmung: eine mögliche Sinnestäuschung, ein Irrlicht, das sich niemals eindeutig festlegen lässt. In ähnlicher Weise hält der Film die Balance zwischen den Genres, ist nie eindeutig Horrorfilm, Thriller oder Melodram. Die labyrinthisch undurchsichtige Struktur Venedigs prägt Stimmung und Stil: nächtlich dunkle Gassen, nebelhaftes Licht, flüchtige Reflexe auf dem Wasser bieten keine Sicherheiten für die Wahrnehmung.“ (Reclam Filmklassiker) Kino 46
Wild Wild West USA 1999, R: Barry Sonnenfeld, D: Will Smith, Kevin Kline, Keneth Branagh
„Dieser Film ist eine Komödien-Todeszone. Man starrt voller Unglauben auf die Leinwand, wo Szenen hinplumpsen und verenden. Der Film ist nur Konzept und kein Inhalt; die aufwendigen Spezialeffekte wirken so, als würde man zusehen, wie Geld auf der Leinwand verbrannt wird. Man weiß, dass etwas schiefgegangen sein muss, wenn eine Geschichte von zwei Westernhelden handelt, und in der letzten Einstellung eine mechanische Spinne in den Sonnenuntergang reitet. Will Smith und Kevin Kline sind die Co-Stars und spielen Spezialagenten, die von Präsident U.S. Grant beauftragt wurden, das Verschwinden einer Handvoll von Wissenschaftlern zu untersuchen. Sie stolpern über den Plan eines Größenwahnsinigen, der die Hälfte der USA wieder an England und Spanien zurückgeben und den Rest behalten will. Der Bösewicht ist ein verrückter Wissenschaftler, der dampfbetriebene Eisen-Tarantulas baut, die im Monument Valley nicht sehr praktisch sind, aber wen kümmert das schon. Sicher niemanden in diesem Film. Smith und Kline scheinen ständig vor Rückprojektionen voneinander zu agierien. Sie tun, was verlangt ist, aber es gibt keinen Augenkontakt. Stellen Sie sich Bill Clinton und Kenneth Star als Partner in einem Wohltätigkeits-Golf-Turnier vor.“ (Roger Ebert, Chicago Sunday Times) UFA-Palast, UT-Kinocenter, CinemaxX, Gloria (Del), Ziegelhofkino (Ol)
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Yeelen (Das Licht) Mali 1987, R: Souleymane Cissé, D: Issiaka Kane, Aoua Sangare / Originalfassung mit Untertiteln
„Yeelen“ heißt „Das Licht“, und auf verschiedenen Ebenen ist Licht im Zentrum des Films. Ein gleißendes, zerstörerisches Leuchten ist die größte Magie in dieser mystischen Geschichte vom guten und bösen Zauber; vom Meister der geheimen Riten, der nicht zulassen will, dass sein Sohn ihm in der magischen Kunst gleichkommt. Mit seiner Mutter ist der junge Nianankoro auf der Flucht vor seinem Vater, der Hühner verbrennt und ein Albino opfert, um dem magischen Pfahl „Kolonkalanni“ die Macht zu verschaffen, die beiden überall aufzuspüren und zu vernichten. Auch ästhetisch ist das Licht im Zentrum. Sehr sanfte, warme Braun- und Gelbtöne herrschen vor und stehen im Kontrast zu den verschiedenen Abstufungen der schwarzen Hautfarbe. Cissé präsentiert die Kulte der Bambaras weder als unterhaltsame, exotische Spektakel noch als ethnographische Schmetterlingssammlung. Er zeigt die Rituale und phantastischen Vorkommnisse ohne das Augenzwinkern des Märchenerzählers, eher mit der Ernsthaftigkeit dessen, der Zeugnis ablegt vom Reichtum und der Lebendigkeit afrikanischer Kultur. Die Special effects sind nur ganz sparsam eingesetzt, aber wirken vor dem realistischen Hintergrund der afrikanischen Landschaft und dem epischen Erzählstil unverbraucht und von einer magischen Unschuld, die Hollywood wohl nie hatte. (hip) Kino 46
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