Etwas zu viel Power in Merlene Otteys Beinen

■ Die jamaikanische Sprinterin sagt nach positiver Dopingprobe Weltmeisterschaft ab

Berlin (dpa/taz) – Sie also auch. Merlene Ottey (39), die große ältere Dame des Frauensprints, steht unter dem Verdacht, Anabolika eingenommen zu haben. Ihre Teilnahme bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Sevilla (20. bis 29. August) hat die Jamaikanerin abgesagt.

Am 15. August war Otteys Liechtensteiner Agentur FKG-Communications vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) informiert worden, dass die A-Probe positiv sei, die nach ihrem Sieg in Luzern am 5. Juli genommen wurde. Im Urin der Sprinterin wurde demnach das anabole Steroid Nandrolon nachgewiesen, das auf der Dopingliste des IOC steht. Ein Sprecher der IAAF sagte gestern, er wisse von nichts. Unklar war gestern noch, ob die B-Probe bereits ausgewertet ist.

Otteys Agentur veröffentlichte eine sehr pathetische Stellungnahme, in der es unter anderem heißt: „Ich bin es meiner Familie, meinem Heimatland, meinem geliebten Sport und all meinen Fans auf der ganzen Welt schuldig, zu beweisen, dass dies ein schrecklicher Irrtum ist.“ Sie werde alles in ihrer Kraft Liegende tun, um ihre Unschuld zu beweisen. Und: „Ich verurteile den Gebrauch von verbotenen Substanzen aufs Schärfste.“ Otteys Agentur wies darauf hin, dass die Sprinterin, die bei internationalen Wettkämpfen 27 Medaillen gewann und ihre sechste Olympiateilnahme anstrebte („Diese Beine haben noch viel Power“), im Lauf ihrer Karriere ungefähr 100 Mal getestet worden sei.

Nandrolon wird vor allem eingenommen, um Kraftzuwachs zu erreichen, aber auch, um sich nach hohen Trainingsbelastungen besser zu regenerieren. Zu den spektakulärsten Nandrolon-Fällen der letzten Zeit zählen der tschechische Tennisspieler Petr Korda, der US-Spitzensprinter Dennis Mitchell, der englische 200-m-Europameister Doug Walker und der englische Sprint-Olympiasieger Linford Christie.