: Kisangani ist zerstört, die Allianz gegen Kabila auch
Uganda und Ruanda schließen vorerst Waffenstillstand im Kongo, aber Freunde sind sie nicht mehr ■ Aus Kigali Jean-Baptiste Kayigamba
In einem sind sich Ruander und Ugander einig: Der Krieg, den die beiden Länder gegeneinander auf dem Territorium der Demokratischen Republik Kongo führen, lohnt sich nicht. Die Verluste an Menschenleben in Kongos umkämpfter drittgrößter Stadt Kisangani sind nach vier Tagen schwerer Kämpfe hoch, die Zerstörungen immens. Für alle ist schwer zu verstehen, wie zwei alte Freunde sich eine solche Schlacht liefern konnten.
Am Dienstag vereinbarten Ruandas Vizepräsident Paul Kagame und Ugandas Präsident Yoweri Museveni einen Waffenstillstand. Aber: „Es sieht nicht gut aus für die zukünftigen Beziehungen zwischen den beiden Bruderstaaten“, meint ein Beobachter in Ruandas Hauptstadt Kigali und bedauert die militaristischen Egos am Werk in Ruanda und Uganda.
Ruandas Armee gilt als Kind von Ugandas Armee. Sie ging aus der einstigen Tutsi-Guerillabewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) hervor, die 1990 von exilierten ruandischen Tutsi in den ugandischen Streitkräften gegründet wurde. Im vierjährigen Krieg der RPF gegen das damalige Regime in Ruanda war Uganda immer die Rückzugsbasis.
Als die RPF 1994 das ruandische Völkermordregime besiegte und die Macht ergriff, begann eine Zeit engster Beziehungen zwischen Uganda und Ruanda auf allen Ebenen. Gemeinsam stürzten die beiden Länder 1997 den zairischen Diktator Mobutu, der ruandischen Völkermordmilizen Unterschlupf gewährt hatte. Doch nach der Machtergreifung Kabilas im Mai 1997 wurde die Rivalität zwischen Ruanda und Uganda evident. Ruanda hatte plötzlich mehr zu sagen. Während Uganda die neue kongolesische Polizei ausbilden sollte, hatte Ruanda bei politischen Entscheidungen des Kongo das letzte Wort.
Als Ruanda und Kabila im Juli 1998 zu Feinden wurden, unterstützten beide Länder eine neue Rebellion im Kongo, um Kabila zu stürzen. Aber während die Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) militärische Erfolge erzielte, entwickelten Uganda und Ruanda gegensätzliche Ansichten über die Kriegsführung und ihre eigenen ökonomischen Interessen. Uganda gründete im Oktober 1998 eine separate Rebellenbewegung MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung), und ein Führungsstreit in der RCD führte im Mai zur offenen Spaltung der Bewegung.
Diese Spaltung spiegelte sich in wiederholten Zusammenstößen zwischen ugandischen und ruandischen Truppen in Kisangani wieder. Zunächst wurden diese einzelnen Kommandeuren im Feld zugeschrieben. Dies führte zu einem Propagandakrieg in den Medien beider Länder. Uganda warf Ruanda vor, im Kongo Greueltaten zu begehen. Ruanda sagte, Ugandas höchste Kommandeure plünderten den Kongo aus und profitierten direkt vom Schmuggel von Diamanten, Gold, Holz und Kaffee.
Nach Ansicht mancher Beobachter ging es auch bei den jüngsten Kämpfen in Kisangani in Wahrheit um die Kontrolle der Reichtümer des Kongo und nicht darum, welche Marionettenfigur als Sieger aus dem Machtkampf der RCD hervorgeht.
Zwar versichern jetzt die Führungen beider Länder, daß ihre Beziehungen intakt bleiben. Aber niemand wagt eine sichere Vorhersage über die Zukunft. „Es ist schade, daß Ruanda und Uganda so weit gegangen sind, ihre Beziehung und ihre Allianz gegen Kabila zu zerstören“, sagt ein Mitglied der Panafrikanischen Bewegung. „Es gibt viel mehr Interessen im Kongo als die materiellen Dinge, um die sie sich streiten.“
Weit verbreitet ist die Befürchtung, daß ein Krieg ähnlich dem zwischen Äthiopien und Eritrea droht. „Wenigstens bekämpfen sich Äthiopien und Eritrea entlang ihrer gemeinsamen Grenze“, sagt ein politischer Analyst in Ruanda. „Es ist unverständlich, wie Ruanda und Uganda nach Kongo gehen können und sich auf fremdem Gebiet bekämpfen, unter völliger Missachtung der Kongolesen, denen sie angeblich im Krieg gegen Kabila zu Hilfe gekommen sind.“
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