: Grüne werben um SPD-Wähler
■ Spitzenkandidatin Künast: Wer die Große Koalition nicht unterstützen will, muss Grün wählen. Die Partei will wieder 13 Prozent der Stimmen holen und setzt weiter auf Rot-Grün
Die Grünen wollen im Wahlkampf verstärkt um verdrossene SPD- und PDS-AnhängerInnen werben. „Wer mit seiner Stimme nicht die Große Koalition unterstützen will und noch einen Funken Hoffnung auf Rot-Grün hat, muss Grün wählen“, sagte die grüne Spitzenkandidatin Renate Künast gestern bei der Vorstellung der grünen Wahlplakate.
Die Grünen streben nach wie vor ein rot-grünes Bündnis in Berlin an, wollen aber selbst „so stark wie möglich“ werden, sagte Landesvorstandssprecher Andreas Schulze. Ziel der Grünen sei, ihr Ergebnis von 1995 zu halten. Damals erzielten sie 13,2 Prozent der Stimmen. Dies sei keineswegs defensiv, so Schulze, denn das Ergebnis sei 1995 in einer „grünen Hochphase“ erzielt worden. Die Ausgangslage sei nun eine völlig andere. Durch die Regierungsbeteiligung im Bund hätten die Grünen viel an Bonus verloren. Der Wahlkampfetat ist mit 950.000 Mark so hoch wie noch nie.
Für die Grünen gilt es vor allem, WählerInnen zurückzugewinnen: Nach guten Ergebnissen bei der Bundestagswahl 1998 und bei der Abgeordnetenhauswahl 1995, als sie in Berlin jeweils 220.000 WählerInnen mobilisieren konnten, brachte die Europawahl – noch unter dem Eindruck des Kosovo-Einsatzes – einen Einbruch auf rund 140.000 Stimmen.
Anders als die SPD rechnen die Grünen aber nicht damit, dass bundespolitische Themen im Berliner Wahlkampf eine nennenswerte Rolle spielen. „Wir machen einen Berliner Wahlkampf und bieten unsere Inhalte an“, sagte Künast. So ist auf den Wahlplakaten auch das Wappentier der Berliner Grünen, der Igel, zu sehen und nicht das grüne Markenzeichen „Ü“, mit dem die Partei bei der Bundestagswahl für den Wechsel warb. Ein Auftritt von Außenminister Joschka Fischer ist im Wahlkampf aber fest eingeplant.
Künast äußerte sich enttäuscht über den Wunschkoalitionspartner SPD. „Wir hätten uns gewünscht, dass die SPD die Alternativen zur Großen Koalition stärker hervorhebt.“ Die Sozialdemokraten hätten sich von der CDU in die Rolle drängen lassen, dass die SPD für alles Negative zuständig sei. „Wir hätten uns gewünscht, dass die SPD da selbstbewusster ist.“
Erstmals heben die Grünen ihre Spitzenkandidatin im Wahlkampf besonders hervor: Zusätzlich zu fünf Themenplakaten wird ein auch eine Porträtaufnahme von Renate Künast plakatiert werden. Sie stehe für das Profil der Grünen. Das Plakat verrät nicht, wer dort abgebildet ist, sondern verkündet selbstbewusst: „Wer sonst“. Dorothee Winden
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