Alte Staubsauger sterben aus

Reparaturbetriebe fürchten um Arbeitsplätze, wenn die neue deutsche Altgeräteverordnung in Kraft tritt. Die Industrie fürchtet sich eher vor der EU  ■   Von Maike Rademaker

Berlin (taz) – Kurz bevor im Bundestag abschließend über die neue Elektro-Altgeräteverordnung (EAV) diskutiert wird, bringen kleine und mittelständische Recyclingbetriebe neue Argumente gegen die derzeitige Fassung ein. Danach haben alte Staubsauger und Waschmaschinen unter der neuen Altgeräteverordnung kaum eine Chance, repariert zu werden oder als Ersatzteil Verwendung zu finden.

Mit dieser Verordnung landeten sie weit eher im Müll oder in einer oberflächlichen Verwertung als bei Recyclingbetrieben, meint Roland Erlebach vom Zentrum Arbeit und Umwelt Gießen (ZAUG). Betrieben wie dem hessischen ZAUG, die Behinderte und Sozialhilfeempfänger in der Reparatur und Demontage beschäftigen, drohe mit dieser Verordnung das Aus. Bis zu 10.000 Arbeitsplätze sieht Erlebach bundesweit durch die Verordnung verschwinden. Das Nachsehen hätten aber auch sozial benachteiligte Menschen, die bisher über diese Betriebe billig mit alten Haushaltsgeräten versorgt werden.

Nach dem derzeitigen Entwurf der EAV sollen alle Elektrogeräte – das sind rund zwei Millionen Tonnen im Jahr – von den Kommunen zentral und in vier Kategorien sortiert gesammelt werden. Dort holt die Industrie sie ab, um sie zu entsorgen oder neu zu verwerten. „Da landet dann die Waschmaschine in einem großen Container. Die können wir zwar noch reparieren, aber wir kriegen sie so zerbeult nicht verkauft“, nennt Roland Erlebach ein Beispiel für die zu erwartenden Nachteile für seine Branche.

Die Hersteller, die durch die neue EAV in die Verantwortung genommen werden, würden sich bei der Verwertung und Entsorgung außerdem die billigste Methode aussuchen – und das sei eben nicht die Reparatur in kleinen Betrieben, warnt er, sondern große Entsorger und ihre Zentren. Dadurch entstünde ein vermeidbarer Mülltourismus. Gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e. V. wendet das ZAUG sich gegen eine „Monopolisierung der Entsorgung, die Zerschlagung bestehender dezentraler Strukturen und Arbeitsplatzvernichtung“ und ruft bundesweit zu einer Kampagne auf.

Beim Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrei (ZVEI) stoßen diese Befürchtungen auf wenig Verständnis. „Die Kommunen sind weiterhin in der Verantwortung und können sich frei aussuchen, wem sie die Verwertung übergeben“, sagte ihr Sprecher. Dass bei den Kommunen eine möglichst wirtschaftliche Entsorgung im Vordergrund stehe, schließt er nicht aus.

Der ZVEI hat ganz andere Kopfschmerzen: Parallel zu der deutschen Altgeräteverordnung wird auf EU-Ebene ebenfalls eine Verordnung diskutiert. Diese ist wesentlich schärfer als die deutsche EAV und verbietet nach dem bisherigen Entwurf beispielsweise den Einsatz einiger umwelt- und gesundheitsschädlicher Stoffe in Elektrogeräten. Das sei handelspolitisch und wettbewerbsrechtlich nicht zulässig. „Dagegen gibt es im Ausland jetzt schon Protest“, sagte ein Sprecher.

Auch der Bundesverband deutscher Entsorgungsunternehmen (BDE) sieht die Kritik Erlebachs eher gelassen. Bei den „Schraubbuden“ werde nicht die Masse der Elektrogeräte verwertet, sagte Pressesprecher Hans-Karl Willms. Bei dem raschen Modellwechsel der Elektrogeräte hätten Reparatur- und Ersatzteilbetriebe sowieso keine große Zukunft. Auch für den BDE steht die Diskussion um die schärfere Verordnung der EU im Blickpunkt. „Der eigentliche Grund, warum jetzt plötzlich in aller Eile an der deutschen EAV gearbeitet wird, ist die Diskussion auf EU-Ebene“, erklärt er. „Die geht sehr viel weiter und macht nicht einen solchen Kotau vor der Industrie wie die deutsche EAV.“ Der BDE begrüßt die Brüsseler Vorlage. Beide Verordnungen stehen vor entscheidenden Beschlüssen, die deutsche Anfang, die europäische Ende September.