Am Ende reichten für den Schwerverbrecher zwei Schupos

■ Dieter Zurwehme, der „Mörder von Remagen“, von den Boulevardmedien zu Deutschlands gefährlichstem Verbrecher gemacht, ging der Polizei gestern nach monatelanger Suche in Greifswald gänzlich unspektakulär ins Netz: auf der Straße

Berlin (taz) – Unspektakulär ging gestern morgen die achtmonatige Fahndung nach Dieter Zurwehme zu Ende. Zwei Streifenpolizisten nahmen den 57-jährigen Schwerverbrecher im vorpommerschen Greifswald fest, nachdem er von einem Passanten erkannt worden war. Bei seiner Verhaftung leistete der immer wieder als „äußerst gefährlich“ beschriebene Zurwehme keinerlei Gegenwehr.

Ein Polizeisprecher sagte, auf die Frage nach seinem Ausweis habe der Verdächtige mit den Worten „Ich bin der, den Sie suchen“ sofort seine Identität preisgegeben. Er ließ sich widerstandslos festnehmen. Die beiden Beamten, die Zurwehme stellten, beschrieben die Festnahme als eine polizeiliche Routinesache.

Der Staatssekretär im Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern, Hartmut Bosch, erklärte, trotz der Gefährlichkeit Zurwehmes sei keine Zeit mehr gewesen, ein Sondereinsatzkommando zu verständigen. Genau das dürfte Zurwehme zum Verhängnis geworden sein. Monatelang fahndeten genau solche SEK der Polizei nach Zurwehme – vergeblich. Im Schaumburger Wald zelteten Zielfahnder, um den Flüchtigen mit gegrilltem Fleisch anzulocken. Ausgerüstet und bewaffnet wie für einen Krieg, trampelten Spezialpolizisten Getreidefelder nieder und gingen vor Schwarzdrosseln und Hasen in Anschlag.

Ebenso groß wie die personellen und finanziellen Anstrengungen war die mediale Aufmerksamkeit für die Jagd nach „Deutschlands gefährlichstem Verbrecher“, zu dem die Boulevardmedien Zurwehme stilisieren wollten. So füllte die aufgedonnerte Spezialpolizei als Saure-Gurken-Truppe das Sommerloch. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Norbert Spinnrath indessen lobte die Polizei für ihre „sehr gute Arbeit“. Unklar ließ Spinnrath, ob sein Lob auch den Polizeieinsatz einschließt, der Ende Juni einen 62-jährigen Mann das Leben kostete. Im thüringischen Heldrungen erschossen Polizeifahnder einen Urlauber aus Köln in seinem Zimmer des Hotels Zur Erholung . Das Opfer hatte mit Zurwehme keine Ähnlichkeit, war aber, wie angeblich auch Zurwehme, mit Rucksack und Wanderstock gesehen worden – eine echte Seltenheit im Thüringischen.

Am Ende nahmen zwei Streifenpolizisten Dieter Zurwehme fest. Zurwehme, der vor seiner Flucht aus der JVA Bielefeld-Senne im Dezember 1998 wegen Mordes, Raub- und Sexualstraftaten 25 Jahre in Haft gesessen hatte, werden jetzt mehrfacher Mord, versuchte Vergewaltigung, Raub und Diebstahl zur Last gelegt. Der Mann, vor dessen „Rücksichtslosigkeit“ und „Brutalität“ Polizeiexperten immer wieder gewarnt hatten, trug bei seiner Verhaftung eine Gaspistole und ein Messer bei sich. Wiglaf Droste