■ Kommentar
: Undankbare Medienwelt  Gerhard Schröder ist sauer auf alte Freunde

Die Welt ist undankbar. Dabei hatte sich Gerhard Schröder so viel Mühe gegeben. In einer Seifenoper übernahm er eine kleine Rolle, in Abendshows legte er den großen Auftritt hin, und auch für regelmäßige Häppchen-Interviews von zweieinhalb Minuten Länge in aktuellen Nachrichtensendungen war er sich nie zu schade. Bei manchen Sendern hätte Schröder als regelmäßiger freier Mitarbeiter mittlerweile wohl gute Aussichten mit einer Klage auf Festanstellung.

Und was ist der Lohn für so viel Entgegenkommen? Gemeiner Spott. RTL plant eine Satirereihe über den Kanzler und seine Ehefrau mit dem Titel „Wie war ich, Doris?“. Schröder hat dem Sender unmissverständlich mitgeteilt, dass ihm die Idee nicht gefällt, und der macht trotzdem weiter. Wirkung zeigt nicht einmal die Drohung, dass der Regierungschef der Anstalt keine Interviews mehr geben will. Kein schöner Urlaub. Erst maulen die Genossen, und dann werden zudem noch die Medien aufmüpfig.Vielleicht sollte der Kanzler auch an die Adresse der Medien ein Machtwort richten? Das wäre lustig. Komischer als jede Fernsehsatire.

Die Zeiten ändern sich. Kurt Tucholsky hat noch darüber gespottet, dass halb Deutschland auf dem Sofa sitzt und übel nimmt, wenn jemand einen halbwegs guten politischen Witz macht. Schröder nimmt schon übel, wenn jemand lediglich ankündigt, einen Witz machen zu wollen. Kritiker, die durch manche seiner Auftritte die Würde seines Amtes beschädigt sehen, schien der Kanzler für kleinkariert und spießig zu halten. Bei der Würde seiner Person aber hört der Spaß auf.

Nun haben auch Politiker ein Recht auf den Schutz ihrer Persönlichkeit. Aber Gerhard Schröder ist von RTL bisher nicht beleidigt worden. Worüber ist er also derart empört? Der Verdacht drängt sich auf, dass der Kanzler sich betrogen fühlt. Er scheint für seine mediale Omnipräsenz ein wenig Dankbarkeit erwartet zu haben. Das wirft ein interessantes Licht auf sein Verständnis von Pressefreiheit. Schröder hält die Medien für wichtiger als jeder seiner Vorgänger. Wenn er aber meint, der Umgang mit Journalisten könne augenzwinkernd nach dem Motto gestaltet werden, eine Krähe hacke der anderen kein Auge aus, dann stellt er damit nicht nur diesem Berufsstand ein schlechtes Zeugnis aus. Sondern auch sich selbst. Bettina Gaus

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