Knasttod: 2.050 Nanogramm zuviel

■ Claudia K. ist an einer Überdosis Methadon gestorben / Unklar ist, ob sie ihre Schmerzen betäuben oder sich umbrigen wollte

Claudia K. Ist tatsächlich an einer Überdosis Methadon gestorben. Das hat gestern Bremens leitender Oberstaatsanwalt Jan Frischmuth nach Auswertung der Obduktionsergebnisse gegenüber der taz bestätigt. Nach Angaben des Ermittlers hat die Frau, die in der Nacht zum 4. August in einer Zelle des Frauengefängnisses Blockland gestorben ist, insgesamt 2.400 Nanogramm Methadon pro Liter in ihrem Blut gehabt. „Für einen nichtdrogenabhängigen Menschen ist eine Dosis von etwa 350 Nanogramm kritisch“, ordnete Frischmuth die Höhe der Dosis ein. Der Beiratssprecher der Anstalt, Heinrich Theilmann, hatte vor wenigen Tagen gegenüber der taz noch von einer Dosis von 1.200 Nanogramm gesprochen und selbst dies schon als „weltrekordverdächtig“ bezeichnet.

Wie die schwerkranke und drogenabhängige Frau an die Überdosis Methadon gekommen ist, wird zurzeit noch ermittelt. Laut Frischmuth stammt das Substitutionsmittel nicht aus der Justizvollzugsanstalt (JVA). „Wir haben alle Bestände sowie die Eintragungen über verabreichte Mengen strengstens kontrolliert. Danach können wir ausschließen, dass der Frau die Überdosis mit Anstalts-eigenen Mitteln verabreicht worden ist“, so Frischmuth. Er geht davon aus, dass das Methadon „auf dunklen Wegen“ in die JVA geschmuggelt wurde.

Unklar ist aber noch, ob Claudia K. sich die Überdosis auf einmal oder in Schüben verabreicht hat. Wie berichtet, war die Frau schon Tage vor ihrem Tod schwer krank und stand unter Beobachtung von zwei Anstaltsärzten. Diese hatten es jedoch abgelehnt, die Insassin in ein Krankenhaus einliefern zu lassen, obwohl sich die Frau nach Angaben des Anstaltsbeirats „vor Schmerzen zeitweise kaum noch bewegen konnte“. Ob nun Claudia K. sich mehrere Methadon-Dosen verabreicht hat, um ihre Schmerzen zu mildern und dabei die tödliche Menge aufgebaut hat, oder ob sie sich selbst bewusst umgebracht hat, das gilt es jetzt zu klären. „Wir ermitteln zur Zeit wegen fahrlässiger Körperverletzung“, so Oberstaatsanwalt Frischmuth. Unter anderem soll jetzt ein unabhängiger Gutachter anhand der vorliegenden Krankenakten beurteilen, ob die medizinische Versorgung ausreichend war.

Was Frischmuth gestern nicht beantworten konnte, war der genaue Todeszeitpunkt der Frau. Davon hängt ab, ob die von den Anstaltsärzten angeblich angeordnete ständige Kontrolle der kranken Frau auch wirklich umgesetzt worden ist. Wie aus Anstalts-Kreisen zu hören ist, soll die Frau bereits gegen zwei Uhr nachts gestorben sein. Gefunden wurde sie vom Wachpersonal allerdings erst um sechs Uhr morgens.

Unabhängig von den rechtlichen Folgen, hat der Tod der Insassin jetzt auch ein politisches Nachspiel. Auf Initiative der Bremer Grünen befasst sich am Montag der Rechtsausschuss der Bürgerschaft mit dem Thema. Dann soll Oberstaatsanwalt Frischmuth den gesamten Ermittlungsstand vortragen. Verantwortlich für die Zustände in Bremens Gefängnissen ist Justizsenator Henning Scherf (SPD). Handelt es sich dagegen um einen Fehler bei der medizinischen Betreuung, liegt dies in der Obhut von Gesundheitssenatorin Hilde Adolf (SPD), so die Auskunft aus der Justizbehörde. Jens Tittmann