Moratorium für den Kellerwald

Hessischer Umweltminister beruft runden Tisch ein und stoppt das Fällen der alten Bäume. Nationalpark wird der Wald aber nicht  ■   Aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Kein Kettensägenmassaker im Kellerwald – vorerst. Der hessische Minister für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, Wilhelm Dietzel (CDU), erklärte gestern in Wiesbaden, auf den angekündigten Holzeinschlag im Kellerwald „zunächst“ verzichten zu wollen. Es handelt sich um den größten zusammenhängenden Buchenwald in Europa. Er liegt im Norden Hessens, etwa in der Mitte zwischen Kassel und Marburg.

Offenbar haben die Proteste der Naturschutzverbände gegen die aus ökonomischen Gründen beabsichtigte Fällung von bis zu 160 Jahre alten Buchen in dem Waldgebiet Wirkung gezeigt. Natur-und Umweltschützer, aber auch die Grünen und neuerdings auch die Sozialdemokraten in Hessen würden es gerne zum Nationalpark erklären lassen.

„Die emotionalisierte Debatte muss jetzt versachlicht werden“, sagte Dietzel. Und dazu wolle er mit dem Moratorium für den Holzeinschlag einen eigenen Beitrag leisten. Ein Arbeitskreis soll gegründet werden, dem nach den Vorstellungen von Dietzel Kreis- und Gemeindevertreter aus der betroffenen Region, Abgesandte von Fremdenverkehrs- und Naturschutzverbänden, Wirtschaftsexperten, Waldbesitzer, Landwirte und Mitglieder des „Kellerwaldvereins“ angehören sollen. Das Ziel: Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes für den Kellerwald auf der Grundlage eines Vorentwurfes aus dem Ministerium.

Denn eines machte Dietzel auch ganz deutlich: Einen Nationalpark Kellerwald werde es mit ihm nicht geben; lediglich einen Naturpark. Die wirtschaftliche Nutzung des 5.724 ha großen Buchenwaldes müsse gewährleistet bleiben. Und die touristische Erschließung weiter vorangetrieben werden. Im übrigen habe sich vor zwei Jahren eine Mehrheit der Bevölkerung in der Region gegen das „Konzept Nationalpark“ ausgesprochen, sagte Dietzel abschließend.

Das brachte etwa den Naturschutzbund (NABU) in Hessen, der den Verzicht auf den Holzeinschlag zunächst begrüßte, wieder in Opposition zur Landesregierung. In nur drei Gemeinden sei der Nationalpark im Rahmen einer Volksbefragung abgelehnt worden, argumentierte der NABU. In der Stadt Bad Wildungen mit 18.000 EinwohnerInnen seien dagegen 13.000 Unterschriften für das Projekt gesammelt worden. Und im Kellerwald-Landkreis Waldeck-Frankenberg seien die Menschen nie nach ihrer Meinung gefragt worden.

Auch der BUND erklärte im Anschluss an die Pressekonferenz von Dietzel: „Für uns bleibt die Gründung des Nationalparks das Ziel unserer Arbeit.“ Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hatte Dietzel erst in der vergangenen Woche wissen lassen, dass er uneingeschränkt das Projekt Nationalpark unterstütze.

Ein Erfolg auch für die Bündnisgrünen im Landtag? Ja und nein. Zusammen mit der SPD hatten sie in den acht Jahren der sozialökologischen Koalition von 1991 bis 1999 genug Zeit, den Kellerwald zum Nationalpark zu erklären. Das Projekt scheiterte 1997 an der starren Haltung von Innen- und Forstminister Bökel (SPD), den die ablehnende Haltung einiger SPD-Bürgermeister in der Region beeindruckte. Und an der „unangebrachten Nachgiebigkeit“ der Grünen, die Bökel nicht in die Parade fuhren, wie das Mitglied des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Eduard Bernhard, seinerzeit monierte.