Grüne sammeln Unterschriften für den Atomausstieg

■ Was die Union kann, können die baden-württembergischen Grünen schon lange: mit Unterschriften Politik machen. In Thüringen und im Saarland verzichtet die Partei darauf

Frankfurt ( taz) – „Von der CDU lernen, heißt siegen lernen.“ Süffisant kommentierte der Landesvorsitzende der Bündnisgrünen in Baden-Württemberg, Andreas Braun, die vor den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 24. Oktober geplante Unterschriftenaktion seiner Partei: für den Atomausstieg. „Populistisch“ hatten die Bündnisgrünen noch im Februar die Unterschriftenaktion der Union gegen die doppelte Staatsbürgerschaft genannt und und den Initiatoren vorgeworfen, die Nation zu spalten. Roland Koch (CDU) wurde nicht zuletzt wegen der Unterschriftensammlung hessischer Ministerpräsident. Jetzt werden also auch an den Wahlkampfständen der baden-württembergischen Grünen Unterschriftenlisten ausgelegt.

„Ja, ich bin für eine moderne Energiepolitik und für einen Ausstieg aus der Atomenergie“, steht darauf. „Natürlich soll die Aktion mobilisierend wirken“, sagt Andreas Braun. Und das mit dem Lernen von der CDU sei nur ironisch gemeint gewesen. Das sieht die Pressereferentin des grünen Landesverbandes, Anette Schäfer, ähnlich. Das Sammeln von Unterschriften zu politischen Themen sei schließlich schon immer eine Aktionsform der Linken und der Umweltschützer gewesen.

Die Unterschriftensammlung der Bündnisgrünen in Baden-Württemberg basiert auf einer Übereinkunft des Bundesvorstandes der Partei mit den Ländern. Überall dort, wo noch in diesem Jahr Landtags- oder Kommunalwahlen stattfinden, dürfen Unterschriften für den Atomausstieg gesammelt werden; dürfen, wohlgemerkt, müssen aber nicht. In Thüringen etwa verzichtet der Landesverband auf die Aktion. „Aus Kapazitätsgründen“, wie es im dortigen Landesverband heißt. Aber auch, weil im Landtagswahlkampf in Thüringen andere Themen wichtiger seien als der Atomausstieg. Das Bundesland werde mit Müllverbrennungsanlagen zugepflastert, dagegen würden die Grünen kämpfen. Im Mittelpunkt des Wahlkampfes stehen außerdem die Verkehrs- und die Arbeitsmarktpolitk. Auch im Saarland werden im Vorfeld der Landtagswahlen am 5. September 1999 wahrscheinlich keine Unterschriften gesammelt, sagte Spitzenkandidat Christian Molitor. Zu knapp sei die Zeit bis zum Wahltermin. Und auch im Saarland stehen im Wahlkampf andere Themen auf der Tagesordnung, vor allem der Strukturwandel an der Saar: Weg von Kohle und Stahl – hin zu Hightech-Industrie.

Wieviel Unterschriften in Baden-Württemberg zusammenkommen müssen, damit die Aktion als Erfolg gewertet werden kann, wissen die Grünen noch nicht zu sagen. Noch sei gerade einmal der Text zur Unterschriftenliste beschlossen worden. Erst im September sollen die Listen an den Wahlkampfständen ausliegen. Dann könne man vielleicht über ein Quorum reden. Klaus-Peter Klingelschmitt