Querspalte

■ Von Genen, Nestern und Machtwörtern

Viel wird über die Wirkung der Gene spekuliert. Zuletzt entdeckten US-Forscher an Microtus ochrogaster – der Präriewühlmaus – eines für Treue. Nun neigt der Amerikaner zur Einseitigkeit, schaut er auf die Welt. Und da man, wie schon Einstein bemerkte, nur sehen kann, was die (eigene) Theorie vorhersagt, ist von dort nichts zu erwarten als weitere Beweise für die Macht der Gene.

Deswegen lohnt der Blick nach Schweden. Dort machten sich Forscher die Mühe, einmal in die Nester des Passer domesticus – des Haussperlings – zu greifen und dessen Nachwuchs nach Herzenslust durchzutauschen, bis am Ende kein Jungspatz mehr bei seinen leiblichen Eltern in Pflege war. Nun verdankt ein männlicher Sperling seine sexuelle Anziehung einem schwarzen Fleck auf der Brust. Der war bei den vertauschten Spatzen umso größer, je größer er von der Brust des Ziehvaters prangte – egal, wie sexy der leibliche Vater war. Fazit der Schweden: Für den sexuellen Erfolg ist das Nest wichtiger als das Erbgut.

Die Plausibilität dieser Studie kann jeder selbst prüfen: Betrachten wir – der Einfachheit halber – den Cancellarius foederata. Das Erbgut dieses politischen Wesens ist bereits entschlüsselt und liegt, Koalitionsvertrag genannt, zur Einsicht vor. Auch das Sexappeal des gemeinen Bundeskanzlers unterliegt dem Einfluss seines Nestes. Erst hier – im Kanzleramt – prägt sich die Neigung zu einer Art politischem schwarzen Fleck aus: dem Machtwort.

Von des Kanzlers Machtwort am Wochenende aber können wir nichts Großes sagen: Kein diktatorisches Gehabe, keine personellen Konsequenzen. Der Fleck auf der Brust seines Vorgängers war, trotz gleichen Nestes, irgendwie größer und schwärzer. Daraus folgt, liebe Schweden: Die Gene sind nicht alles, aber nicht jeder ist zum Sexprotz geboren. Matthias Urbach