Fies schmierig, aber sonnig smart

■ Auf die ist Verlass: The Pharcyde sind HipHop-Oberpimps, Poser mit Macho-Allüren, aber auch relaxte, kalifornische Kiffer und kommen in die Kulturbrauerei. Absagen gilt nicht

Normalerweise kündigen sich die großen HipHop-Acts aus Amerika immer für eine Europa-Tour an, um dann kurz vorher abzusagen. Das gehört zum guten Ton, was frustrierten Veranstaltern kaum noch mehr als ein fatalistisches Seufzen entlockt. The Pharcyde aus Los Angeles sind da anders. Auf die ist Verlass, sie kündigen sich ständig an und kommen dann sogar. Auch immer wieder nach Berlin, und das, ohne jedes Mal eine neue Platte promoten zu wollen. Mit dem Plattenmachen hat es der Vierer aus Kalifornien eh nicht so. Nach ihrem Debüt vor sieben Jahren haben sie es gerade mal geschafft, eine einzige weitere Platte nachzuliefern.

In Deutschland sind The Pharcyde immer noch eher unbekannt. In Amerika sind sie auch nicht gerade Millionenseller, aber immerhin mit gehobenem Kultstatus geschmückt. Beide Platten wurden nicht nur von der Kritik hoch gelobt, Mike D. von den Beastie Boys beispielsweise ist großer Fan und hat für das Beastie-Boys-eigene Fanzine Grand Royal höchstselbst ein langes Interview mit den von ihm verehrten The Pharcyde gemacht. Mike D. findet wahrscheinlich gerade den eigenwilligen Style-Mix von The Pharcyde großartig, der hierzulande nicht so recht nachvollzogen werden kann. Imani, Booty Brown, Fat Lip und Slim Kid 3 haben sich nämlich keiner eindeutigen Selbstinszenierung verschrieben. Da kommen Hustler-Look und Blaxploitation-Ästhetik genauso zum Tragen wie coole Native-Tongue-Zurückhaltung. Die vier von The Pharcyde sind einerseits fiese Oberpimps mit Macho-Allüren, wie andererseits relaxte Kalifornien-HipHop-Kiffer-Typen. So ist ihr Sound auch nur schwer einzuordnen. Gerne werden The Pharcyde in eine Schublade mit den „Native Tongues“, mit A Tribe Called Quest, The Roots oder De La Soul gesteckt, also mit dem guten Gewissen von HipHop. Doch um die Sache nicht zu einfach zu machen, kommen zusätzlich noch eine gehörige Portion fies-schmieriger G-Funk, smarte Chorgesänge und Unkorrektheit dazu, was einem reinen Native-Tongue-Act niemals passieren würde. So sind The Pharcydes Auftritte auch bekannt für so manche machistische Poserei, aber nie zu schlimm, denn sofort sind sie wieder die smarten, zurückhaltenden HipHopper, die nicht um jeden Preis politisch unkorrekt sein müssen.

Gerade weil das herbstlicher werdende Berlin nicht unbedingt an kalifornisches Wetter, Bikini-girls und fett wummernde HipHop-Beats aus offenen Jeaps erinnert, kommen The Pharcyde jetzt gerade recht. Einen Auftritt lang die sonnige Seite Kaliforniens serviert zu bekommen ist wirklich nicht die schlechteste Alternative zum Ticket in den Süden.

Andreas Hartmann