Religion als Pflichtfach würde Landeshaushalt belasten

■ SPD-Gremium zur Schulpolitik spricht sich gegen Religion als ordentliches Lehrfach aus

Über das Thema Religionsunterricht ist in den vergangenen Jahren ein heftiger politischer Streit entfacht. Die CDU fordert Religion als ordentliches Wahllehrfach mit Zensuren, Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) will jedoch den Status quo – freiwilliger Unterricht, der von Religions-und Weltanschauungsgemeinschaften erteilt wird – beibehalten.

Auch die SPD-nahe Kommission des „Bildungsdialogs“ hat sich in ihrem bisher unveröffentlichten Bericht (siehe taz von gestern) des Themas angenommen.

Ihr Fazit: Es gibt keine „durchschlagenden inhaltlichen Gründe“, den Status quo zu ändern. Der einzige inhaltliche Unterschied im Vergleich mit anderen Bundesländern sei, dass dort Noten vergeben würden. Ethische Fragestellungen sollten in allen Fächern zusätzlich vermittelt werden.

Dass man am derzeitigen Status nichts ändern muss, um mehr Schüler zum Religionsunterricht zu motivieren, belegen auch die Besuchszahlen, denn diese weichen nicht von anderen Bundesländern ab, in denen Religion ein ordentliches Wahlpflichtfach mit Benotung ist.

Nach Angaben der Kommission nahmen mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller Schüler in den Klassen 1 bis 4 in diesem Schuljahr am Religionsunterricht der evangelischen oder katholischen Kirche oder am Weltanschauungsunterricht des Humanistischen Verbandes teil. Diese Quote geht mit dem Wechsel in die Oberschule deutlich zurück (rund 20 Prozent in den Klassen 7 bis 10) und pendelt sich bei nur 10 Prozent in der gymnasialen Oberstufe ein.

Der Besuch des Religionsunterrichts hat auch etwas mit dem jeweiligen Schultyp zu tun: Die Teilnahme in Klasse 7 bis 10 war am Gymnasium mit 31 Prozent in diesem Schuljahr am höchsten und an den Gesamtschulen mit 12 Prozent am niedrigsten.

Nicht inhaltlich, sondern finanziell würde sich jedoch bei einem Statuswechsel einiges ändern. Derzeit übernimmt die Kulturverwaltung, die für den Religionsunterricht zuständig ist, 90 Prozent aller Kosten. Das sind jährlich annähernd 88 Millionen Mark für Lehrpersonal, Aus- und Weiterbildung und Unterrichtsmittel. Wenn Religion ein Lehrfach wird, muss Berlin auch die Kosten für die Lehrerausbildung übernehmen und den Unterricht zu 100 Prozent finanzieren. Deshalb solle aus haushaltstechnischen Gründen der derzeitige Status beibehalten werden, so die Kommission.

Angemahnt wird auch, die Frequenzen der Schülergruppen zu untersuchen, die den Religionsunterricht besuchen. Die Berechnungsgrundlage für den 90-prozentigen Zuschuss des Landes liegt bei einer Gruppenstärke von 15 Schülern. Tatsächlich besuchen aber viel weniger SchülerInnen den Religionsunterricht, hat die Kommission ausgerechnet. So lag die Gruppenstärke in diesem Schuljahr beim evangelischen und katholischen Religionsuntericht bei etwa 10 Schülern, beim Unterricht des Humanistischen Verbandes bei 14. Julia Naumann

Morgen: Grundschulreform