Kommentar
: Provinziell und professionell

■ Die Berliner Politik und der Bund

Wären Berlin und Brandenburg rechtzeitig zu einem gemeinsamen Bundesland fusioniert, dann bliebe alles beim Alten. Dann säße das für die Bundesregierung zuständige Landeskabinett im abgeschiedenen Potsdam wie weiland im fernen Düsseldorf.

Doch die Fusion ist gescheitert, die Bundespolitiker treffen in der neuen Hauptstadt auf real existierende Landespolitiker. Schon lange stellen sich die Lokalgrößen die bange Frage, was diese Konfrontation für sie bedeutet. Weil Berlin Hauptstadt und entsprechend wichtig wird, so hofft mancher, würden auch solche Leute wie Eberhard Diepgen oder Walter Momper plötzlich wichtig. Andere fürchten, die Berliner Politik werde endgültig ins Provinzielle hinabsinken, wenn der Bund fortan alle relevanten Themen und alle mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Beides wäre für die Funktionsträger in der Hauptstadt höchst bequem. Sie könnten entweder warten, bis ihnen die unverdienten Meriten in den Schoß fallen – oder aber ihren Niedergang in der Gewissheit hinnehmen, ihn ohnehin nicht aufhalten zu können.

Ganz so simpel ist es aber nicht. Ihre Hausaufgaben müssen die Berliner Politiker schon selber machen. Während sie sich im zurückliegenden Jahrzehnt stets in weltpolitischen Reden über die große Vergangenheit und die famose Zukunft ihres Metropölchens ergingen, sind sie ihrer eigentlichen Verantwortung auf dem ureigenen Gebiet der Kommunal- und Landespolitik kaum gerecht geworden. Von der laxen Haushaltsführung in den ersten Nachwendejahren über eine konzeptionslose Verkehrspolitik bis hin zur Bruchlandung bei der Flughafenprivatisierung haben sie vor allem eines demonstriert: mangelnde Professionalität. Da muss man schon froh sein, dass die amtierende Ressortchefin vor vier Jahren wenigstens wieder die Grundrechenarten zur Basis der Finanzpolitik gemacht hat.

„Provinziell“, wie das gängige Schimpfwort lautet, darf die Berliner Politik ruhig werden – in dem Sinne, dass sie sich endlich ihren ureigenen Aufgaben zuwendet. Die aber sollte sie auf eine Weise erledigen, für die es ein ähnlich klingendes Adjektiv gibt: professionell. Ralph Bollmann