Zielgruppe: echte Kerle

■ Das neue Magazin „alexx“ glaubt tatsächlich noch an einen Markt für verschwitzt riechende Männer-Blättchen

„Es tut gut, ein Mann zu sein“, denn „Die Nackten im Kino sind fast immer weiblich“? Doch nicht nur das. „Du verstehst was von Panzern“ und „Alle deine Orgasmen sind echt“! Liest man die erste Seite des Hefts, könnte das eine schöne Titanic-Geschichte zum Thema Männlichkeit sein. Aber dann ist es doch nur die neue Männerillustrierte alexx, die ihren Lesern den Sack kraulen will.

„Es geht um die Männer, die sich in der Defensive befinden“, dölmert Chefredakteur Walter Drechsel, „weil sie mit den Klischees, die Frauen ihnen vorgeben, nicht zurechtkommen.“ Und erzählt von seinem Freund, der sich „am Wochenende mit seiner Flex in den Flieger von Hamburg nach München gesetzt hat, damit er endlich mal wieder an der Gartenbank herumflexen kann! Einfach weil's Spaß macht!“ Solchen Männer möchte der ehemalige Bunte- und tz-Journalist nun einen soliden, mit Pin-up-Bildern und Herrenwitzen vollgeklebten Stammtisch bauen. „Das Magazin, das Männer brauchen“, so die Unterzeile, soll endlich das lang ersehnte Pendant zu Frauenzeitungen bilden, soll die ganzen abgesprungenen Kicker-, Auto, Motor, Sport- und Praline-Leser abgreifen, härter als die erfolgreichen Fitness-Lifestyle-Magazine GQ und Men's Health, multithematischer als Computermagazine wie tomorrow (das sich jüngst mit seinen „besten Internet-Sex-Adressen“ als ähnlich niveauvoll wie schmuddelige Jogginghosen outete) und natürlich nicht so eindeutig Wichsvorlage wie Coupé.

„Wir haben Männer gefragt, was sie gerne lesen wollen“, behauptet Drechsel. Heraus kamen kleine Polemiken über Frauen, die den ganzen Tag reden wollen, oder ein arg nach verschwitzt riechendes Frauengespräch über die Qualitäten ihrer One-Night-Stands, das ein alexx-Autor belauscht haben will.

Aber wie kommt ein Mann wie Drechsel darauf, dass Männer so etwas brauchen? 100.000 Männer gar, denn das ist die angepeilte Auflage, die Drechsel nach einem erfolglosen Gespräch mit einem ungenannten Großverlag („Die fanden das Konzept aber gut!“) nun über einen unbekannten Verlag losschlagen will. Dieser glaubt anscheinend an eine Zielgruppe „echte Kerle“. In der Branche ist man allerdings eher skeptisch. Der Berliner Medienforscher Bernd-Jürgen Martini winkt bezüglich neuer Männerzeitungen ab: Wenn es überhaupt den Trend zu solchen Blättern gebe, dann müsse man den Leser wohl aus dem Ausland importieren, von wo ja auch die Vorbilder der Hefte stammen.

Falls die 100.000 angepeilten alexx-Konsumenten dem Chefredakteur und Herausgeber Drechsel den Gefallen nicht tun, hat er übrigens auch gleich den gesamten Karren im Dreck. Drechsel hat sein Lebenswerk nämlich privat finanziert, und da müsse man „sich schon einen Millionenbetrag vorstellen“. Aber die vielen, nebeneinander existierenden Frauenzeitungen mit Auflagen zwischen 100.000 und 300.000 machen vielleicht Mut: Was mit richtigen Weibern funktioniert, kann mit richtigen Kerlen doch nicht schief gehen. Anstatt sich eines dieser auflagenstarken Magazine wie die Amica zu schnappen – denn „viele Männer lesen nur Frauenzeitungen, weil sie wissen wollen, was in Frauen abgeht“ –, soll „ein Mann alexx einfach seiner Freundin geben können, wenn sie ihn mal wieder nicht versteht“, träumt Drechsel. Da zeichnete selbst Herbert Grönemeyers grauenhafter Männersong ein bunteres Bild.

Dass Frauenzeitungen allein durch die Penetranz des Ewig-in-allen-Wartezimmern-Herumliegens eine hohe Durchblätterrate erreichen, könnte dem „Pendant zur Harald-Schmidt-Show“ (Pressetext) natürlich im Urologenwartezimmer auf die Sprünge helfen.

Schon schade, dass solche Blättchen den Männern weder Niveau noch Witz oder Weltoffenheit zutrauen – grad so, als wäre alexx von Hardcore-Feministinnen ausgedacht ... Jenni Zylka