Grüne wollen Atomstrom energisch verteuern

■ Parteichefin Radcke fordert höhere Ökosteuern. Stimmung der Wirtschaft sinkt

Baden-Baden (AFP) – Im Streit über die künftige Energiepolitik wollen die Grünen eine höhere Ökosteuer auf Atomstrom durchsetzen. Diese Forderung wollte die Partei in die für gestern Abend angesetzte Koalitionsrunde in Berlin einbringen, kündigte Parteichefin Antje Radcke am Morgen im Südwestrundfunk an. Es könne nicht sein, dass im Verhältnis zum Atomstrom der umweltschonende Umgang mit Energien „quasi bestraft“ werde.

Die Grünen würden die „Subventionierung des Atomstroms“ nicht länger hinnehmen. Zumindest müsse eine steuerliche Gleichbehandlung mit umweltfreundlichen Energien erreicht werden. Wie hoch die zusätzliche Besteuerung von Atomstrom ausfallen sollte, sagte Radcke nicht.

Unterdessen ging die Diskussion um die am Wochenende kolportierten Pläne des Bundesumweltministers Trittin weiter, bis zum Jahr 2002 sechs Atomkraftwerke abzuschalten. Die Neckarwerke Stuttgart AG (NWS) bezeichneten die angeblichen Pläne als Hindernis für einen Atomkonsens. Vorstandschef Ernst August Wein sagte in Stuttgart, solch ein Vorschlag wäre das Gegenteil eines Konsenses: „Das ist Öl ins Feuer.“ Er wisse nicht, ob ein Konsens mit der Bundesregierung möglich sein werde. Sein Eindruck: „Die Stimmung bei den Betreibern sinkt.“

Der Spiegel hatte berichtet, ein für Trittin erarbeitetes vertrauliches Papier sehe eine Begrenzung der Laufzeit der Reaktoren auf 25 Kalenderjahre vor. Dies würde für die Kernkraftwerke Obrigheim, Stade, Biblis A und B, Neckarwestheim 1 und Brunsbüttel das Aus noch in dieser Legislaturperiode bedeuten.

Die grüne Umweltpolitikerin Franziska Eichstädt-Bohlig bekräftigte unterdessen im WDR, dass ihre Partei ein Abschalten der Atomkraftwerke nach 25-jähriger Laufzeit anstrebe. Sie räumte aber ein, dass sich diese Frist politisch wahrscheinlich nicht durchsetzen lasse. Als realistisch stufte sie einen Zeitraum von 30 Jahren ein.