Zwist um Bischofsnadelöhr

■ Krach zwischen FahrradfahrerInnen und FußgängerInnen nimmt kein Ende / Nadelöhr zur City angeblich zu eng / Radrampen sind zudem fehlplaziert, sagen RadlerInnen

Auch nach Fertigstellung des Umbaus bleibt die Bischofsnadel, Nadelöhr zwischen Innenstadt und Wallanlagen, umstritten. Radfahrer beschweren sich über die Lösung mit der Schieberille an der Treppe - viele tragen ihren Drahtesel lieber gleich die Treppe herunter, als ihn durch die schmale Rinne zu balancieren. Fußgängern sind dagegen die Biker ein Dorn im Auge, die durch den Tunnel fahren und erst direkt vor der Treppe absteigen oder sich gleich nach der Treppe wieder aufs Rad schwingen.

Ein Beispiel: Ein Mann versucht schimpfend sein beladenes Fahrrad die nasse Schieberille zum Tunnel in der Bischofsnadel herunterzubugsieren. Der Karton auf dem Gepäckträger bleibt am Handlauf hängen, die Pedale an deren Pfosten. Schließlich rutscht noch das Hinterrad aus der Rinne. Unten angekommen steigt er erbost aufs Rad, tritt ordentlich in die Pedale und fährt in den Tunnel. Eine Passantin kommt ihm entgegen und schimpft über die Radfahrer in der Bischofsnadel. Der Zwist ist perfekt.

Anfang Juli versuchten bereits Polizei, ADFC und die Bremische, beauftragt mit dem Ausbau und der Vermarktung der Passage, in einer gemeinsamen Aktion die Fahrradfahrer davon abzubringen, durch den Tunnel zu rasen. Rosen und Flickzeug wurden an schiebende Radler verteilt. Seit Juli fordern auch zwei orangefarbene Plakate an den Eingängen die Zweiradler auf, im Tunnel vom Drahtesel zu steigen. Geschäftsinhaber und Fußgänger begrüßten die Aktion. Doch über das Ergebnis teilen sich die Meinungen.

Anja Schümmelfeder, Aushilfe in der Buchhandlung der Passage, findet nicht, dass sich durch die Aktion etwas verändert habe. „Die heizen hier immer noch knallhart durch“, sagt sie. Wenn sie morgens die Bücherstände vor dem Geschäft aufbaut, stellt sie einen Holzbock vor sich, um nicht umgefahren zu werden. „Man kann nicht aus dem Laden gehen, ohne nach rechts und links zu sehen“, ärgert sie sich. Weiterhin führen die Radfahrer klingelnd durch die Menschenmenge. Auf Kinder und alte Leute nähmen sie kaum Rücksicht.

Ähnlich sieht es eine Passantin. Fahrradfahrer hätten hier mehr Rechte als Kinder. „Die haben eben die stärkere Lobby“, beklagt sie sich. Bei Wilhelm Müller, stellvertretender Leiter des Reviers Innenstadt, gehen fast täglich Beschwerden von Fußgängern über Fahrradfahrer in der Bischofsnadel ein. „Die Aktion im Juli hat die Leute wachgerüttelt, aber nach zwei bis drei Wochen ist die Rücksichtnahme wieder eingeschlafen“, sagt Müller.

Andere Passanten sehen das alles nicht so eng und finden die Klagen übertrieben. „Seitdem die Plakate an den Eingängen hängen, ist es besser geworden“, sagt eine Frau im Vorbeigehen. Und überhaupt: Dass jemand angefahren worden sei, habe sie noch nie erlebt.

Monika Ernst erzählt das krasse Gegenteil: Sie arbeitet im Eissalon der Tunnelpassage. Zweimal hätten Radfahrer sie schon angefahren, als sie die Tische vor dem Tunnel bedienen wollte. Doch „seit der Rosen-Aktion steigen die Meisten zumindest mittags, wenn viele Fußgänger im Tunnel sind, ab“, sagt die Eisverkäuferin.

Der ADFC Bremen ist mit der Lösung in der Bischhofsnadel noch nicht zufrieden. Für die meisten Fahrradfahrer der Stadtteile Östliche Vorstadt, Findorff, Schwachhausen, Vahr, Horn-Lehe, Borgfeld oder Oberneuland stellt der Tunnel die direkte Verbindung zur Innenstadt dar. „Der Tunnel ist eine Verkehrsachse und keine Edelpassage. Beim Bau sind Fehler gemacht worden, der Tunnel ist zu den Stoßzeiten viel zu eng“, sagt Klaus-Peter Land, Geschäftsführer beim Landesverband Bremen des Fahrradklubs. Land könnte sich auch eine Lösung vorstellen, wie es sie in anderen Städten bereits seit Jahren gibt: Das Radfahrverbot in der Bischofsnadel auf die Ladenöffnungszeiten zu beschränken. Nach Ladenschluss hätten die Radfahrer dann freie Fahrt.

Derzeit verhandeln Fahrradlobby, Polizei und Behörde ein weiteres Mal über die Schieberillen am Ausgang zur Innenstadt. Möglicherweise wird eine Dritte angebracht oder die anderen werden versetzt. Fakt ist: Die Umbauten gehen weiter. Außerdem planen Bremische und ADFC eine Aktion im Herbst, um für mehr Rücksicht zu werben. Kirstin Karotki