Sol y Sombra
: Bestialisches Wackeln

■ Hitze und spanische Kampfrichter machen die Geher zu müden Zombies

Das 50 km Gehen ist bereits unter normalen Bedingungen eine durchaus bestialische Disziplin. In der Hitze des schattenlosen Rundkurses auf der Isla Cartuja in Sevilla ist es die pure Tortur. Patschnass wackeln die an Zombies mit Hummeln im Hintern gemahnenden Teilnehmer die Strecke entlang, übergießen sich stakkatoartig mit Wasser und trinken gierig Flüssigkeiten, die sie schneller ausschwitzen, als sie die Kehle hinunterrinnen können.

„Die Frage ist, wer am wenigsten dehydriert an die 40 km-Marke kommt“, hatte der Spanier Valenti Massana vor dem gestrigen Rennen gesagt, er selbst lag in dieser Hinsicht gar nicht schlecht. Dennoch reichte es nicht zur Medaille, am Ende wurde er zur Enttäuschung seiner Fans im gehsportfanatischen Spanien nur Fünfter, rund zwei Minuten vor dem hitzeresistenten Deutschen Robert Ihly.

Eine Zeit lang hatte es so ausgesehen, als würden die Kampfrichter alles disqualifizieren, was vor Massana lag. Zuerst den Letten Aigar Fadejews, der die erste Hälfte des Rennens geführt hatte, dann auch den berühmten Polen Robert Korzeniowski, der schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt im Gehen. Bei German Skurygin reichte es dann aber doch bloß zu zwei Verwarnungen, die fatale dritte blieb dem Russen aus dem Wintersportort Eizeofsk erspart.

Nach Fadejews erzwungenem Ausstieg hatte der 36-Jährige nicht gezögert, die Spitze zu übernehmen, und bereits bei Kilometer 30 einen Vorsprung von über zwei Minuten. „Ich bin zu alt, um vorsichtig zu sein“, begründete er seine selbstmörderisch anmutende Forschheit, „jede Meisterschaft kann in meinem Alter die letzte sein.“

50 km Gehen ist ein bisschen wie eine Lotterie. Da sich alle Teilnehmer beständig an der Grenze vom Gehen zum Laufen befinden, hängt eine Menge vom Wohlwollen der Kampfrichter ab, die zu entscheiden haben, ob immer mindestens ein Fuß Bodenkontakt hat oder nicht. Außerdem, so der Spanier Garcia Bragado, der ebenso wie 22 andere der 53 gestarteten Geher nicht ins Ziel kam, „gibt es nur drei 50 km-Rennen im Jahr, da weiß man nie, wie die anderen drauf sind.“

Viele wissen es selber nicht, wie zum Beispiel der Italiener Ivano Brugnetti. „Während des Rennens merkte ich plötzlich, dass ich mit den besten Gehern mithalten kann“, wunderte sich der 23-Jährige. Nicht mit allen, wohlgemerkt. Als Silbermedaillengewinner Brugnetti ins Stadion kam, hatte der 13 Jahre ältere Skurygin schon seine Ehrenrunde beendet.

Als Belohnung für seinen mutigen Vorstoß kann sich der Russe nun in seinem Heimatort als ganz besonderer Exot bestaunen lassen. „Das ist der erste Erfolg für Eizeofsk in irgend einem Sommersport“, erklärte er grinsend. Matti