Schmierereien von rechts auf Wahlplakaten von Dilek Kolat

■ Die türkischstämmige SPD-Kandidatin in Friedenau sieht sich nationalen Sprücheklopfern ausgesetzt. Sozialdemokraten sind empört: Ihre Aufstellung sollte ein „Stück Normalität unserer Stadt widerspiegeln“

Kaum standen die ersten Wahlkampfplakate von Dilek Kolat, der Friedenauer SPD-Kanditatin für das Abgeordnetenhaus, waren sie auch schon mit rassistischen Spruchbändern verunstaltet: „Nein! Zu Türken in der Politik!“ Auf etwa 50 der 200 Plakate mit dem Konterfei der türkischstämmigen Kandidatin klebten bislang Unbekannte diese oder ähnliche Sprüche.

Kolat will jetzt verhindern, dass ihr Wahlkampf von dieser Aktion überschattet wird. Bislang nämlich reagierten die BürgerInnen sehr positiv auf sie. „Deshalb möchten wir offensiv dagegen angehen“, sagt sie. Die Öffentlichkeit müsse von solchen Vorfällen erfahren. Vermutungen darüber, wer so etwas getan haben könnte, äußert sie nicht. Seit 1995 ist Kolat Bezirksverordnete in Schöneberg und zugleich stellvertretende Vorsitzende ihrer Fraktion.

Eckhardt Barthel, Kreisvorsitzender der Schöneberger SPD, glaubt nicht an eine „Schmiererei im Vorbeigehen“. Die Friedenauer SPD und besonders Dilek Kolat seien sehr betroffen. Auch wenn so etwas im Grunde nicht ungewöhnlich sei, hätten diese Verunstaltungen eine neue Qualität erreicht. Die Kandidatin werde gezielt aufgrund ihrer Herkunft diffamiert: „Hier geht es um die Ausgrenzung von Menschen. Das können wir auf keinen Fall hinnehmen.“ Ein Strafantrag sei bereits gestellt worden.

Erschreckend für Barthel sei vor allem, „wie systematisch und ordentlich vorgegangen wurde. Das muss gut vorbereitet gewesen sein.“ Die Papierfahnen seien offensichtlich per Computer erstellt und bereits eine Stunde, nachdem die Plakate hingen, weiträumig angebracht worden. Barthel, der viele der Plakate selbst geklebt hatte, ist empört: „Wir waren gerade fertig, als unsere Parteifreunde anriefen und uns von den Sprüchen erzählten. Es muss am hellichten Tag passiert sein.“ Den materiellen Schaden schätzt er auf etwa 1.000 Mark.

Mit Dilek Kolat hat die SPD in Berlin zum ersten Mal eine Frau nichtdeutscher Herkunft als Direktkandidatin in ihrem Wahlkampf aufgestellt. Barthel will damit „ein Stück Normalität unserer Stadt in der Politik umsetzen“. Dies dürfe aber nicht als taktischer Zug missverstanden werden. Er ist überzeugt: „Sie ist eine qualifizierte Kommunalpolitikerin.“

Nicht nur die SPD stellte mit Dilek Kolat eine Direktkandidatin nichtdeutscher Herkunft auf, auch PDS und Grüne schicken türkischstämmige Kandidaten ins Rennen. Özcan Mutlu, der Kreuzberger Direktkandidat der Grünen, kann fremdenfeindlichen Aktionen wie bei der Kollegin von der SPD nicht verstehen. Es müsse selbstverständlich sein, dass sich Menschen anderer Herkunft, die seit langer Zeit hier leben und arbeiten, politisch engagieren. „Man übernimmt damit ein Stück Verantwortung für die Gesellschaft. Das ist ein Zeichen für Integration.“ Es bleibe abzuwarten, ob in Wahlkreis Kreuzberg Ähnliches passiere. Allerdings macht ihn die zeitliche Nähe zu einer Aktion der Jungen Union in Kreuzberg stutzig. Morgen will sie Aufkleber verteilen mit der Forderung, Deutschland müsse in Kreuzberg wieder erkennbar sein (siehe obigen Artikel). Sonja Popovic