Weserwasser wird wieder sauberer

■ Wesergütebericht 1998 der Arbeitsgemeinschaft Weser liegt vor / Trotz Verbesserung mehr als 100 Einzelgifte gefunden

Die gute Nachricht: Man kann in der Weser baden. Die schlechte Nachricht: Ein Schluck aus Bremens Hausstrom bleibt ein recht herbes Vergnügen. Trotzdem: Das Wasser von Weser, Werra und Fulda wird sauberer. Dies teilt der derzeitige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Weser (ARGE Weser), der thüringische Umweltminister Volker Sklenar in seinem neuen Wesergütebericht mit.

„Bitte nicht zu laut jubeln“, kommentiert Birgit Bülow von der Wassergütestelle Weser in Hildesheim den Freudensprung des Umweltministers. Sie hat im Auftrag der ARGE Weser die Wasserprüfung erarbeitet. „Man kann nicht pauschal von einer Wasserverbesserung ausgehen. Die Belastung der Flussgewässer ist an einigen Stellen noch erheblich“, erklärt Bülow das Problem.

Die entscheidenen Wasserverbesserungen sind außerdem Ergebnisse, die sich tendenziell über mehrere Jahre entwickelt haben. Das entscheidende Ereignis für den Zustand der Weser war der Zusammenbruch der thüringischen Kaliindustrie nach der Wende. Diese Kalibergwerke galten als Hauptverursacher der extremen Versalzung der Weser. So fiel der Transport von Salz seit 1989 von 200 Kilogramm pro Sekunde auf 68 Kilogramm im Jahre 1998. Gemessen werden diese Werte in Gerstungen an der Werra. Ab Gerstungen werden keine zusätzlichen Salze mehr in die Werra oder Weser eingeleitet. Der Zufluss der Aller verdünnt dagegen den Salzgehalt erheblich. Trotzdem ist dies nur bedingt Anlass zur Freude. Denn die Aller ist schwer mit anderen Scheußlichkeiten belastet: Blei, Cadmium und Zink. Die Metalle werden aus den ehemaligen Bergwerken im Harz ausgewaschen. Den aktuellen Salzgehalt gibt der Wesergütebericht mit 170 bis 350 Milligramm pro Liter an. Wobei an der Messstelle in Bremen-Hemelingen Spitzenwerte von 450 Milligramm Salz pro Liter gemessen wurden. Die aktuellen Werte stellen keine wesentliche Veränderung zu den Messungen in den Vorjahren dar.

„Das Problem ist nicht nur die Höhe der jeweiligen Salzgehalte. Die spontanen Schwankungen der Salzmengen waren bislang genauso schlimm für die Umwelt“, erklärt Birgit Bülow. Diese Schwanken schädigen die Flora und Fauna in und an den Flüssen. Die spontanen Veränderungen haben eine einfache Ursache. Hat ein Kalibetrieb Urlaub, fällt sofort der Salzgehalt in den Flüssen. In Zeiten der Mehrproduktion erhöht er sich direkt wieder.

„Mit unserer technischen Salzreduzierung haben wir dieses Problem aber in den Griff bekommen“ erklärt Bülow. So wurden in Thüringen Depots von überschüssiger Kalilauge angelegt. Mit dosiertem Einleiten von dieser Salzlauge wird der Salzstand in Werra und Weser stabil gehalten. „Wir streben an der Messstelle in Gerstungen einen Salzpegel von 2500 Milligramm pro Liter an“, sagt Birgit Bülow. Als zusätzliche Maßnahme werden im einzigen heute noch produzierenden Kalibergwerk Thüringens in einem rein mechanischen Verfahren die Salzanteile aus der Kalilauge getrennt und wieder in die Bergwerksstollen zurückverfrachtet.

Neben Salz testet die Wassergütestelle in Hildesheim die Weserflüsse auf fast 100 Einzelstoffe und wurde fündig. Auch die taz Lieblingschemikalie, das Tributylzinn (TBT), ist in der Weser zu finden. Immerhin wurden an den Messstellen durchschnittlich 10 Mikrogramm TBT gefunden. Immerhin eine Menge, die ausreicht, Meeresschnecken zu schädigen. Verden an der Aller verdient den diesjährigen TBT-Orden des Wesergüteberichtes. Am Sportboothafen wurden durchschnittliche TBT-Werte von 100 Mikrogramm pro Kilo Trockensediment gefunden. Darunter der Spitzenwert von 360 Mikrogramm. „Schön ist, dass wir wegen des Ausbaus verschiedener Kläranlagen fast keine Kohlenwasserstoffe und organische Schadstoffe im Weserwasser finden“, freut sich Birgit Bülow. Damit unterscheidet sich die Weser wesentlich von der Elbe, die sehr mit organischem Dreck belastet ist.

In der Arbeitsgemeinschaft Weser sind alle Weser-, Werra- und Fuldaanrainer in einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen: Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Die ARGE Weser erforscht regelmäßig den allgemeinen Zustand der Weserzuflüsse. Sie beschließt wasserbauliche Maßnahmen und koordiniert sie.

Thomas Schumacher