Kaufen kann teuer werden

Zum Start der Handballsaison scheint bei den Bundesligisten endlich wieder ökonomische Vernunft eingekehrt zu sein, aber die Probleme bleiben grundsätzlich die alten    ■ Von Frank Ketterer

Rechtzeitig zu Beginn der Handball-Bundesliga an diesem Wochenende hat sich auch der Republik bekanntester Schnauzbart zu Wort gemeldet. Der Frankfurter Rundschau stand Bundestrainer Heiner Brand Rede und Antwort: Die Dinge, die der Mann aus Gummersbach dabei zu Protokoll gab, lassen nicht für die Zukunft des Handballsports hierzulande hoffen. Vor allem um die Popularität der Nationalmannschaft macht Brand sich Sorgen. In „ein tiefes Loch“ sieht er diese gar fallen, wenn nach Olympia im Sommer nächsten Jahres altgediente Nationalspieler zurücktreten und bis dahin keine neue Generation nachgerückt ist. Die Chancen hierfür stehen ungünstig: „Es gibt nur noch wenige deutsche Spieler, die in der höchsten deutschen Spielklasse zum Einsatz kommen.“

Da mag was dran sein, neu indes ist die Problematik nicht. In den vier Jahren seit dem Bosman-Urteil hat sich die Handball-Bundesliga zur allseits anerkannt stärksten Liga der Welt ausgewachsen. Vereine und Ligaausschuss treiben mit diesem Titel emsig Werbung, natürlich gewachsen ist der Superlativ freilich keineswegs. Per oft blind anmutendem Kaufrausch haben sich die Klubs mit den Besten aus ganz Europa – und damit aus der Welt – eingedeckt, was nicht immer sonderlich gesund war. Nachzufragen wäre beispielsweise beim OSC Rheinhausen oder dem TV Niederwürzbach, die mittlerweile von der Handball-Landkarte verschwunden sind, weil ihnen beim Bemühen, konkurrenzfähig zu bleiben, das Geld ausgegangen ist. Der VfL Gummersbach und die SG W/M Frankfurt standen knapp vor einem ähnlichen Spektakel.

Mit dieser Saison nun scheint erstmals so etwas wie Maßhalten eingekehrt. „Die Vereine sind vernünftiger geworden“, glaubt Uwe Schwenker, Manager von Titelverteidiger THW Kiel, „die wissen, dass sie den Gürtel enger schnallen müssen.“ Das freilich geschieht immer noch auf höchstem Niveau und ist genau betrachtet dann doch eher Stagnation denn echte Umkehr zur Normalität und somit zur Vernunft; vielleicht auch deshalb, weil weiteres Wachstum kaum noch möglich ist. Dennoch hat es die von 16 auf 18 Vereine aufgestockte Liga (s. Kasten) mit einem Gesamtetat von 70 Millionen Mark wieder zu einem neuen Rekord gebracht, wobei es sich hierbei lediglich um offizielle Vereinsangaben handelt.

Davon bezahlt werden müssen unter anderem auch jene 115 Spieler aus dem Ausland, deren Mitwirken Heiner Brand den Job als Bundestrainer so schwer machen. „Damit keine Zweifel aufkommen“, sagt Brand, „wir brauchen ausländische Topspieler in der Bundesliga, auch fürs Image. Aber es müssen nicht sechs, sieben ausländische Nationalspieler in einer Mannschaft stehen.“

Um um den Titel mitspielen zu können ganz offenbar doch. Was ausgerechnet einer bestätigt, der mit seiner Mannschaft eher gegen den Abstieg kämpfen wird. Hrvoje Horvat, jugoslawischer Rekordnationalspieler, Trainer von Aufsteiger TV Willstätt und einst selbst einer der besten Handballer der Welt, sieht in erster Linie in der falschen Ausbildung den Grund für die Nachwuchsmisere im deutschen Handball. „Die Deutschen verpassen es, in der Jugend Technik zu vermitteln“, sagt der Olympiasieger von 1972. Immer nur „Kraft, Kraft, Kraft“ werde gebolzt. „Kraft aber kriegt man noch mit 18, Technik nicht mehr.“

Das ist ungefähr auch das, was Kiels Uwe Schwenker ausdrückt, wenn er etwas barsch auf die Frage reagiert, ob eventuell durch eine Selbstbeschränkung Platz geschaffen werden könne für deutsche Talente. „Wenn wir morgen alle nur noch drei Ausländer haben, wer soll denn dann auf einmal spielen? Wo gibt es die deutschen Nachwuchsspieler?“, stellt Schwenker eine rhetorische Frage, die er selbst beantwortet: „Unter einer Selbstbeschränkung leidet nur die Qualität.“ Und das will nun wirklich keiner in der stärksten Handball-Liga der Welt.