Bundesregierung verspricht mehr Hilfe

■  Auswärtiges Amt sagt weitere zehn Millionen Mark für Erdbebenopfer in der Türkei zu. Auch die EU erhöht Hilfsgelder. Joschka Fischer sucht regelmäßiges Gespräch mit türkischen Vertretern in Deutschland

Berlin (taz) – „Ich sehe keinen Anlass zurückzutreten“, sagte Hakki Keskin gestern. Der in die Kritik geratene Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) trat gestern einem entsprechenden taz-Bericht entgegen. Keskin sagte, er habe für seine Kritik an der Höhe der deutschen Soforthilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei viel Zustimmung aus den Mitgliedsorganisationen des Dachverbandes erhalten. Keskin stellte klar, dass es ihm bei seiner Kritik der Bundesregierung nicht in erster Linie um die konkrete Höhe der Soforthilfe gegangen sei; vielmehr habe er mitfühlende Worte von Bundeskanzler und Bundespräsidenten an die türkische Community in Deutschland vermisst. Von der Spendenbereitschaft der deutschen Bevölkerung sei er begeistert. Sein Stellvertreter, Safter Cinar, betonte gestern, selbst Staaten wie Armenien und Griechenland hätten sich besser verhalten als Deutschland.

Gestern traf sich Bundesaußenminister Joschka Fischer mit den wichtigsten türkischen Organisationen. Zur TGD meinte er, sie solle sich überlegen, ob es in ihrem Interesse sei, wenn mit undifferenzierter Kritik die antieuropäischen Kräfte in Deutschland und der Türkei gestärkt würden.

Auf dem vom Auswärtigen Amt und von den Grünen angeregten Treffen schlug Fischer einen regelmäßigen Dialog mit den türkischen Interessensverbänden vor. Er meinte, sie könnten in Zukunft eine wichtige Brückenfunktion zwischen Deutschland und der Türkei einnehmen. Künftig sollen zweimal im Jahr Treffen stattfinden. In der Zwischenzeit, so Fischer, gebe es Telefone, über die man Informationen austauschen könne, bevor Presseerklärungen verfasst würden, die zu nachhaltigen Missverständnissen führten.

Gestern stellte Fischer weitere zehn Millionen Mark für humanitäre Hilfe in Aussicht. Gleichzeitig kündigte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye an, auch die EU werde zwischen 50 und 60 Millionen Mark zusätzliche Hilfe bereitstellen. Die von der Europäischen Investitionsbank bereits zugesagten 1,5 Milliarden Mark Wiederaufbauhilfe können noch nicht ausgezahlt werden, da ein Finanzprotokoll zwischen der EU und der Türkei fehle. Die Blockierung sei insbesondere zwischen Griechenland und der Türkei zurückzuführen, sagte der Sprecher der Investitionsbank.

Die private Spendenbereitschaft übertrifft alle Erwartungen. 10,5 Millionen Mark sammelte bislang allein das Deutsche Rote Kreuz.13 Millionen Mark spielte bis gestern die ZDF-Spendengala „Wir wollen helfen“ ein.

Eberhard Seidel