Trinkt Bremen das Flüsschen Halse aus?

■ Dem Halsetal in Niedersachsen mit seinen Natur- und Landschaftsschutzgebieten droht die Austrocknung / Bürgerinitiative klagt: Daran ist die Trinkwasserentnahme für Bremen Schuld

Das Tal des Baches Halse bei Verden in Niedersachsen ist ein gar reizvolles Fleckchen Erde. Die Idylle hat nur einen Fehler: Es gibt kein oder zu wenig Wasser in dem Flüsschen. Wertvollen Naturflächen droht die Austrocknung. Schuld daran soll die Senkung des Grundwasserspiegels sein. Und den verursacht die Trinkwasserentnahme für Bremen. Dieser Überzeugung ist der Sprecher der Bürgerinitiative „Rettet das Halsetal“, Heinrich Helbach.

„Hier gibt es in dem 26 Kilometer großen Einzugsgebiet der Halse sechs Naturschutzgebiete oder gleichrangige Bereiche, drei Landschaftsschutzgebiete, ein Naturdenkmal und mindestens 40 gesetzlich geschützte Biotope, die sind alle gefährdet“, meint Helberg. Aber nicht nur der mögliche Verlust dieser Naturflächen bereitet Helberg Kopfzerbrechen. „Wir haben Risse in den Häusern und einige Landwirte klagen über immer schlechtere Erträge.“

Jetzt hat die BI Halsetal ein Gutachten vorgelegt, das die Trinkwasserentnahme als Hauptgrund für die Austrocknung angibt. Der Bremer BUND bewertet dieses Gutachten als durchaus seriös. Andere Ökologen halten es für schwierig, ursächliche Zusammenhänge zwischen der Wasserentnahme und der Austrocknung nachzuweisen. Ein nachgewiesener Zusammenhang jedenfalls würde dazu führen, dass dem Trinkwasserverband sofort die Genehmigung zur Wasserentnahme entzogen werden müsste. Das schreibt das Wasserwirtschaftsgesetz vor.

Der Trinkwasserverband Verden fördert derzeit acht Millionen Kubimeter Trinkwasser pro Jahr im Einzugsgebiet der Halse. Sieben Millionen davon gehen an die Bremer Stadtwerke. Laut Stadtwerke ist das ungefähr ein Sechstel des Bremer Jahresverbrauches. Die Bürgerinitiative argumentiert: Wenn Bremen am Werdersee selbst Trinkwasser fördern würde, dann könnte die Stadt auf die Lieferungen aus Verden verzichten. Die BI nimmt damit Bezug auf einen einjährigen Modellversuch der Stadtwerke am Werdersee.

„Wir haben am Werdersee zwei Optionen getestet“, erklärt dazu Bernhard Wies, Sprecher der Stadtwerke. „Einmal untersuchten wir die Möglichkeit, Trinkwasser zu fördern, zum anderen wollten wir wissen, welche städtebaulichen Potentiale das Gebiet hat“, sagt Wies. Die Ergebnisse der Trinkwasserförderung sollen Ende des Jahres vorliegen. Die Bremer Wasserversorgung ist durch langfristige Verträge gesichert. Weil das so ist, möchten die Stadtwerke auf eine Trinkwasserförderung am Werdersee verzichten. „Wir müssen das auch unter betriebswirtschaftlichen Aspekten sehen“, so Wies. Der Stadtwerder soll bebaut werden: Das bringt Geld in die Kassen.

Nun liegt der schwarze Peter beim Trinkwasserverband Verden. Er ist Förderer des Wassers aus dem Halsegebiet. „Einige Erdschichten sind nicht so dicht, wie wir dachten. Wenn wir unter denen in der Tiefe Wasser entnehmen, kann es sein, dass von oben Wasser wegsickert“, bestätigt ein Unternehmenssprecher. Dass dies aber die Ursache für die Austrocknung des Halsetals sein soll, schließt er jedoch aus: „Da haben wir Gutachten drüber.“ Auf jeden Fall will das Unternehmen seinen Liefervertrag mit Bremen einhalten. Auch die Stadtwerke fühlen sich vertraglich gebunden. Jetzt müssen die Bezirksregierung Lüneburg und das Umweltministerium in Hannover die Gutachten bewerten.

Thomas Schumacher