Die Grünen wollen keine Flügel mehr

■ Auf Strategietreffen Erneuerung gefordert

Berlin/Leipzig (taz) – Immer mehr Grüne fordern, die alten Flügelkämpfe zu überwinden und der Partei ein klareres inhaltliches Profil zu geben. Auf zwei informellen Strategietreffen in Berlin und Leipzig setzten sich Bundes- und Landespolitiker am Wochenende für eine inhaltliche Erneuerung der Partei ein. Bei den Grünen müsse endlich „über die bisherigen Strömungsgrenzen hinweg“ diskutiert werden, sagte der Initiator des Berliner Treffens, Ralf Fücks. Dafür hätten die teilnehmenden 18 Politiker ein Signal setzen wollen, so der Chef der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung. Zu ihnen zählten sowohl Vertreter des linken als auch des realpolitischen Flügels der Partei – allerdings mit einem deutlichen Realo-Übergewicht. Die Teilnehmer des Strategietreffens in Berlin, unter ihnen Fritz Kuhn (Baden-Württemberg), Renate Künast (Berlin), Rebecca Harms (Niedersachsen) und der Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer, kamen fast ausschließlich aus den Landesverbänden. Die oberste Führungsebene der Partei sowie Regierungsmitglieder waren ausdrücklich nicht eingeladen.  Fücks sagte nach dem Treffen zur taz, die Teilnehmer wollten keine neue Strömung sein: „Wir begreifen uns nicht als neue Mitte der Partei.“ Die Gruppe wolle einen Beitrag zum neuen Grundsatzprogramm leisten. Die Debatte darüber beginnt offiziell im November. Fücks betonte, die Strömungen bei den Grünen seien heute „zu stehenden Gewässern“ geworden. Sie seien nur noch „Traditionsgemeinschaften“ und „eher harmlos“. Den Mitgliedern seines Kreises, der sich möglicherweise „Arbeitskreis ideenreich und einflusslos“ nennen will, gehe es darum, das grüne Profil in Gesellschaft und Politik wieder zu schärfen. Die Partei müsse neben der Umweltpolitik vor allem auf die Themen Nachhaltigkeit, Zukunftsverantwortung und Generationengerechtigkeit setzen. Reinhard Bütikofer kündigte in der taz an, dass zumindest ein weiteres Treffen geplant sei.  Ebenfalls ohne konkretes Ergebnis ist eine Zusammenkunft von 50 vorwiegend jüngeren Grünen-Politikern des Realo-Flügels in Leipzig zu Ende gegangen. Nach dem Treffen forderte der Bundestagsabgeordnete Matthias Berninger, die Grünen müssten die Rechte kommender Generationen mehr als ihr Urthema präsentieren. Die „Youngster-Truppe“ hatte vor ein paar Wochen in einem Grundsatzpapier von ihrer Partei verlangt, sich voll zur Regierungsverantwortung zu bekennen und sich von alten Oppositionshaltungen zu verabschieden. Parteilinke hatten dies als Aufforderung zum Austritt aus der Partei verstanden. Jens König

Berichte und Interview Seite 6