■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Elektroschrott war Schrottstory

Oh weh! Asche auf mein Haupt. Da können die Bremer Abschiebehäftlinge nicht fernsehgucken, langweilen sich zu Tode und keiner tut was! Keiner? Doch einer hat was getan! Etwas wirklich nettes! Und ich? Einer plumpen Fehleintragung bin ich dumme Nudel aufgesessen und bin – vor grenzenlosem Mitleid mit den Menschen vor ihrem Horrorflug im Abschiebeknast zerfließend – in furchtbare Rage geraten, habe meinen Putzfeudel durch die Zellen geschmissen, meinen Putzeimer umgeworfen und dann einen armen total unschuldigen Menschen getroffen.

Dem armen Helmut Hafner, Medienreferent bei Henning Scherf und damit dessen rechtes Auge, habe ich am Samstag doch tatsächlich unterstellt, dass er seinen Elektronikschrott vom Söller oder aus dem Keller auf billige Weise entsorgen wollte, indem er seinen Uralt-Fernseher den Abschiebehäftlingen schenkt. Für deren Aufenthaltsraum, in dem die alte Glotze – gebraucht gestiftet von Bremens Ausländerbeauftragten Dagmar Lill – kaputtgegangen war. Und für dessen Reparatur Frau Lill kein Geld aus ihrem Etat mehr lockermachen wollte. So weit, so schlecht. Das mit der Entsorgung von Elektronikschrott war dann aber wahrlich nicht mehr ganz so dramatisch und schon gar nicht mehr gemein.

Ich darf ja auch eigentlich nicht so richtig über solche Sache mit den WärterInnen dort sprechen, weil die glauben immer sofort, ich gebe alles an die taz weiter. Und das wiederum will der Herr Innensenator nicht. Darum habe ich mir heimlich beim Abstauben angeguckt, was die Wärter in ihr Übergabebuch geschrieben haben. Und dort stand geschrieben: „Fern-seher ist Schrott.“ Also hab' ich mich aufgeregt und Herrn Hafner einen eingeschenkt. Der war aber gar nicht Schuld, sondern – und jetzt halten Sie sich fest: ein „Gastkaninchen“. Jawoll ein schnödes, blödes, kabelfressendes Karnickel, das man sofort notschlachten sollte.

Ja ernsthaft – ich hab' das nochmal ganz genau mit einem der Wärter durchgesprochen, weil ich mich über den nächsten Fernseher zum Saubermachen gewundert habe. Und der Wärter hat mir dann erzählt, was es damit auf sich hat: Die von der Polizei haben den Fernseher nämlich bei dem Herrn Hafner Zuhause abgeholt. Und dabei soll der gesagt haben, dass ein „Gastkaninchen“ das Kabel angefressen hat. Er soll sogar angeboten haben, das Kabel noch selbst reparieren zu lassen. Das wollten aber wohl die Wärter nicht. Die haben dann lieber „Schrott“ in ihr Übergabebuch geschrieben, selbst einen Fern-seher organisiert und mich auf den Leim geschickt. Gemein! Denen habe ich jetzt auch einen eingeschenkt. Eine Woche lang werde ich deren Aufenthaltsraum nicht mehr sauber machen.

Immerhin: Ein Wärter hat – wie mir jetzt ein Abschiebehäftling gesteckt hat – den Fernseher von dem Herrn Hafner zur Werkstatt gebracht. Und siehe da: Nur ein einfaches neues Kabel dran, und schon lief das gute Stück wieder. Und ihren eigenen Fernseher haben die Wärter wieder mitgenommen – für den Notfall.

Was bleibt ist jedoch: Der Herr Hafner ist doch ein Gutmensch, entschuldigt sich

Ihre tief zerknirschte

Rosi Roland