Eigener Geschmack und schöne Farbe

■ Eine Weinbauerntochter läuft zur Weißbierfraktion über

überhaupt nichts

Es ist sowas wie „das Kulturgut“ schlechthin im südlichen Freistaat – und kommt doch aus Böhmen, was man in Bayern heute gerne verschweigt. Es wird in speziell geformten, bauchigen Gläsern getrunken, und man sagt, die typischen Bierbäuche kämen gerade vom Weißbier, das auch gerne Hefeweizen genannt wird. Aber auch das ist nicht ganz richtig.

Eine Fotografin aus Augsburg, die in Oberbayern geboren wurde, hat sich ganz besonders intensiv mit dem Weißbier beschäftigt und in Zusammenarbeit mit der Weißbierbrauerei G. Schneider & Sohn (Emil-Ott-Straße 1-5, 93309 Kelheim) das erste Weißbierbuch der Welt verfaßt: Umberta Andrea Simonis liebt das Weißbier über alles. Bestandteil des 164-Seiten-Bildbandes ist – neben zahlreichen Gastautorenbeiträgen sowie Fotos von Stammtischen, von Brauvorgängen und vom Hopfenzupfen – auch ein Weißbier-Lexikon.

Und genau dieses Lexikon hilft uns, gleich einmal die Kernfrage zu klären: Woher kommt der Begriff Weizen- bzw. Weißbier? „Wenn die Hefe nach oben steigt beim Gärprozeß, dann ergeben sich sogenannte Kräusen, und das nennt der Fachmann aufweißen. Diese Hefe wird weiß, schäumt auf, und daher der Name Weißbier.“

Frau Simonis hat sich für ihr Werk mächtig ins Zeug gelegt. Im Altmühltal und der Hallertau hat sie intensiv recherchiert. „Ich habe zwei Jahre lang bei der Hopfenernte mitgeholfen und eine Menge dabei gelernt.“ Aber wie hält es die Autorin und Fotografin denn selbst mit dem Weißbierkonsum? Umberta Andrea Simonis, die aus einer Weinbauernfamlilie kommt und deren Vater einige Weingüter besitzt, hat keine Scheu vor dem alltäglichen Selbstversuch. „Wenn die Grundlage da ist – wenn ich was gegessen habe –, können es drei, vier sein. Aber dann wird's eng.“

hält die Weißbierexpertin

In entspannter Bierlaune erzählt die Autorin, wie man früher eine klassische Bierprobe durchgeführt hat: Da wurde „die Lederhose mit Weißbier getränkt, und dann setzten sich die Burschen auf eine Bank. Und wenn die dann nach einiger Zeit am Hintern festpappte und mit hochging, wenn sie aufstanden, dann ist das Bier richtig gewesen.“ Eine Stunde saßen die Mannsbilder da, spielten Karten und tranken. Man ist bei den alten Brauern davon ausgegangen, daß sich auf diese Weise die Malzqualität am besten testen läßt.

Was nun den Geschmack und die Qualität eines guten Weißbiers angeht, gibt es einige ganz klare Forderungen, die an ein gutes Weizenbier gestellt werden müssen, weiß die Expertin, die zwischenzeitlich die nach eigenen Angaben älteste Weißbierbrauerei der Welt berät. „Ein gutes Weißbier hat einen ganz eigenen Geschmack, und es muß eine schöne Farbe haben, dann eine gute Schaumentwicklung. Es sollte prickeln, frisch und spritzig sein, und man sollte es auch für den Durst trinken können, finde ich.“

Von der immer mehr um sich greifenden Unsitte des Abfüllens von Weizenbier in Dosen hält die Weißbierexpertin überhaupt nichts. Und zwar nicht nur aus Umweltgesichtspunkten, sondern auch aus reinen Qualitätsgründen. „In der Dose kann Weißbier nicht nachgären. Das heißt automatisch, daß das Weißbier nicht so spritzig ist, also auch weniger Geschmack hat.“ Und dann sollten wir uns noch einmal mit dem Bierbauch beschäftigen. Landläufig hält sich – recht hartnäckig – das Gerücht, der Bierbauch komme vom übermäßigen Bierkonsum. Aber Umberta Andrea Simonis hat da etwas anderes herausgefunden. „Das ist eben das Mißverständnis. Es kommt drauf an, was man dazu ißt. Das Bier selber ist so kalorienhaltig auch wieder nicht, wie man immer sagt.“ Wenn das kein Grund ist für ein Aufatmen in der bayerischen Männerwelt!

Von der Unsitte des Abfüllens von Weizenbier in Dosen

Klaus Wittmann