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: Pflöcke zu Pflugscharen

■ Von Sergio Fusco

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein großes, weites Land. Platzprobleme sind dort unbekannt. Raum ist für alle da. Früher brauchten Siedler dort nichts weiter als ein paar Holzpflöcke. Sie rammten sie in unbewohnten Gegenden in den Boden und sagten: Das ist mein Grundstück.

Heute ist das nicht mehr ganz so einfach, doch scheint diese alte Brauch noch immer in der amerikanischen Seele verinnerlicht. So wollen die diplomatischen Vertreter der USA auch für den Neubau ihrer Botschaft in Berlin, direkt am Brandenburger Tor, Pflöcke einrammen. Und zwar richtig dicke aus Metall. Dazu mächtige Betonpoller und hohe Gitter. US-Botschafter John Kornblum will mehr Platz rund um seine noch ungebaute Botschaft. Denn nach Anschlägen auf amerikanische Vertretungen in Kenia und Tansania hätten es die Amis gerne bombensicher. Mindestens 30 Meter Abstand sollen zwischen Gebäude und Zaun liegen. Die Berliner sind pikiert und stellen sich quer. Selbst der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) ist nicht begeistert von dem Plan.

Sicherer wird die Botschaft dadurch nicht. Vielleicht lässt sich so ein Auto mit einer Bombe drin noch vor der Botschaft stoppen. Nicht aber ein übergeschnappter Terrorist, der mit einer Bazooka oder mit einem mit Sprengstoff vollgestopften Kleinflugzeug die Botschaft zerstören will. Wer den Botschafter wegpusten will, wird Mittel und Wege finden. Das müssten die Amis eigentlich wissen, haben doch Nato-Kampfjets unter US-Kommando die diplomatische Vertretung Chinas in Belgrad dem Erdboden gleichgemacht. Dumm ist auch, dass für ein größeres Botschaftsgelände auch das Grundstück für das geplante Holocaust-Mahnmal um einige Meter verrückt werden müsste. Doch das scheint den Amerikanern die wenigsten Sorgen zu bereiten.

Bei dem Streit zwischen den USA und Berlin geht es nicht um die Sicherheit der Diplomaten. Es geht um den Raum, den die Amerikaner in der ehemaligen Frontstadt Berlin einnehmen wollen. Dankbar sind die Berliner der alten Schutzmacht allemal, für ihren Dienst in der einst geteilten Stadt. Aber Berlin ist ein enge und noch dazu alte Stadt. Seine Straßen wurden für Pferdekutschen gebaut, nicht für Cadillacs. Sie können nicht einfach versetzt werden, ohne das Stadtbild zu verändern.

Wenn den Amerikanern Berlin wirklich am Herzen liegt, dann sollten sie verstehen: Grenzen werden in Berlin nicht mehr mit Pflöcken gezogen und mit Maschinengewehren verteidigt.

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