Schwuler Offizier bleibt in der Warteschleife

■ Karlsruhe verweigert einstweilige Anordnung zu Gunsten von Oberleutnant Winfried Stecher, der den Dienst als Ausbilder bei der Bundeswehr sofort wieder aufnehmen will

Freiburg (taz) – Der schwule Oberleutnant Winfried Stecher darf einstweilen nicht in seinen Job als Ausbilder bei der Bundeswehr zurückkehren. In einem gestern bekannt gemachten Beschluss lehnte das Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung zu Gunsten Stechers ab.

Auf einem Luftwaffenstützpunkt bei Jever bildete Stecher bis Juni 1998 Soldaten aus. Als er mit seinem Freund zusammenzog, schlug der Militärische Abschirmdienst Alarm. Stecher wurde auf eine Innendienststelle versetzt. Begründung: Homosexuelle seien als Vorgesetzte in der Bundeswehr nicht geeignet. Nach erfolglosen Beschwerden erhob der Oberleutnant Verfassungsbeschwerde, da die Armeeführung seine Menschenwürde verletze und ihn diskriminiere. Zugleich beantragte er eine einstweilige Anordnung, um den Ausgang des Verfahrens auf seiner alten Position abzuwarten.

Dieser Antrag ist nun abgelehnt worden (Az: 2 BvR 2276/98). Denn Stecher ist bis zum 30. Juli nächsten Jahres vom Dienst befreit, da er auf eigenenAntrag eine Hotelfachausbildung aufgenommen hat. Nach Ansicht der Richter, die davon durch die Medien erfuhren, mangelt es derzeit an der „Dringlichkeit der Rechtsschutzgewährung“. Man kann den Vorgang allerdings auch anders sehen: Stecher hat die Ausbildung vorgezogen, die Zeitsoldaten am Ende ihrer Dienstzeit zusteht, weil sich in Karlsruhe nichts bewegte.

Wann Karlsruhe in der Sache entscheiden wird, ist noch offen. Stechers Anwältin, Maria Sabine Augstein, kündigte an, dass sie einen neuen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen werde, falls bis nächsten Sommer noch kein Beschluss gefasst würde.

Der Fall Stecher ist nicht der einzige, in dem ein schwuler Soldat derzeit gegen die Bundeswehr klagt. Oberfeldwebel Werner Buzan hatte vor einigen Monaten sogar Erfolg. Das Verwaltungsgericht Lüneburg sah es als „Verstoß gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes“, wenn er allein wegen seiner Homosexualität nicht als Berufssoldat übernommen werde. Doch das Bundesverteidigungsministerium will gegen das Urteil Berufung einlegen.

Auf eine Anfrage der PDS-Abgeordneten Christina Schenk hat sich die Hardthöhe erneut zu ihrer schwulenfeindlichen Politik bekannt. Der Einsatz von Homosexuellen als Vorgesetzte beinträchtige „den Zusammenhalt und die Einsatzbereitschaft der Truppe“, antwortete Staatssekretär Walter Kolbow. Christian Rath

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