IWF will Russland weiter Finanzhilfe gewähren

■ Direktor: Korruptionsverwürfe nicht erwiesen. Kreml-Finanzchef beteuert Unschuld

Washington/Moskau//Bern (dpa/AP) – Der Internationale Währungsfonds (IWF) will die Finanzhilfen an Russland trotz der jüngsten Geldwäsche- und Korruptionsvorwürfe nicht stoppen. IWF-Direktor Michel Camdessus betonte gestern, bisher gebe es nur unbewiesene Behauptungen gegen führende Mitglieder des Kremls. In einem Interview mit der französischen Zeitung Libération erklärte er, er sehe derzeit keinen Grund, die anstehende Überweisung von Krediten über 4,5 Milliarden Dollar zu blockieren. Jedoch nannte er es „bedenklich“, dass Russlands Zentralbank den IWF 1996 über die Höhe der russischen Finanzreserven belogen habe. Es habe heimliche Geldverschiebungen über die Zentralbank-Außenstelle auf der britischen Kanalinsel Guernsey gegeben, sagte Camdessus. Das sei ein schwerer Verstoß gegen den Kreditvertrag gewesen.

Der IWF hatte schon am Montag die Entscheidung des Fonds verteidigt, die Kreditvergabe an Moskau wieder aufzunehmen. „In den vergangenen Monaten hat Russland eine Wirtschaftspolitik verfolgt, die die Unterstützung des IWF verdient“, schrieb der Europa-Direktor, John Odling-Smee, in der jüngsten Ausgabe des IMF-Survey. Es bleibe aber die Notwendigkeit radikaler Reformen. Alle Erfahrung zeige, dass solche Reformen konsequenter unter Beteiligung des IWF erfolgten.

Der russische Ermittler Nikolai Wolkow traf gestern in Bern zum zweiten Mal innerhalb von 24 Stunden mit der Schweizer Bundesanwältin Carla Del Ponte zusammen. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft machte keine Angaben über die Gespräche. Die Schweizer Firma Mabetex war wegen angeblicher Schmiergeldzahlungen an hochrangige Politiker und Kreml-Beamte in Verdacht geraten. Der Finanzchef des Kreml, Pawel Borodin, versicherte, dass die ermittelnden Behörden ihm keine Beweise für ein Fehlverhalten führender Regierungsvertreter vorlegen konnten.