Das soulige Steiff-Tier

Glamour pur: Nur bei über 19 Grad Celsius wird Whitney Houston in Dolce & Gabana über die Bühne im Derby-Park tänzeln  ■ Oliver Rohlf

Kennt noch jemand Kermits Was-passiert-dann-Maschine? Denjenigen, denen keine gute Fernseh-Erziehung zuteil wurde, sei Folgendes zur Erinnerung gebracht: Einst wollte der fidele Schlaumeier-Frosch aus der Sesamstraße mittels Flaschenzug, Klappkasten und Luftballon sein drei Meter weiter links stehendes Radio anschalten. Ziel dieser Übung war zu zeigen, dass man auch auf Umwegen, durch Kombinationsgabe und mit Hilfe anderer zum Ziel kommen kann. Nun gut, bei Kermit endete die kleine Versuchsreihe im Tal der Tränen, einem davon fliegenden Transis-torgerät und einer Lektion in Sachen Prinzipientreue.

Einer anderen, ähnlich steril gestrickten Pop-Ikone aus Amerika hat der Weg entlang der Widrigkeiten hingegen nur Gutes beschert, wie sich jetzt herausstellt. Whitney Houston, das Steiff-Tier unter den Soul-Diven, hat exakt ein einziges Video benötigt, um ihre globale Ungelenkheit Vergangenheit werden zu lassen. Im Clip zu „It's Not Right, But It's Okay“ zeigt sich die 37-jährige Baptistin im heißen „Dolce & Gabana“-Fummel und lässt all die unsäglichen Momente, in denen sie sich durch gut gedachte Choreografien trat, in sexy Andeutungen untergehen. Schon gemerkt: Weniger ist hier mehr! Was bleibt, ist der Star, der mit seinem Zahnpasta-Lachen und dieser unglaublichen Stimme das Firmament vergoldet und Glück schenken kann.

Für ihr aktuelles Album My Love Is Your Love hat sich die Freizeit-Schauspielerin, Lauryn-Hill-Freundin und Soundtracksängerin, die gerade an einem Superstreifen mit Leichtkost-Mime Will Smith bastelt, neben den handelsüblichen Streetflair-Produzenten aus dem HipHop-Lager auch den jungen Produzenten Rodney Jerkins an Land gezogen. „Rodney“, ließ sich Cissy Houstons große Tochter über den erst 21-jährigen Reglerschieber via Label-Website aus, „ is a young man in the industry who's killing it.“ Oha!

Bei solch prätentiöser Schwelgerei denkt wohl kaum einer mehr daran, dass die tolle Lady seit sieben Jahren mit dem vielleicht zweitklassigsten aller Swing-Beater verheiratet ist. Bobby Brown, ein ebenso durchtrainierter wie schwachstimmiger Proll-Souler, soll seiner Gattin vor Jahren ab und an mal eine gelangt haben. Vielleicht, um auch mal wieder in der Presse aufzutauchen. Schlagzeilen der körperlichen Art, wie gerechte Zungen behaupten. Für solche Eklats findet die Familie Houston-Brown heutzutage glücklicherweise keinen Raum mehr.

Stattdessen hagelt es lachende Gesichter, dutzendweise Auszeichnungen und Eitelkeiten der glamourösen Art. Ein besonders amüsantes geistert derzeit durch halb Pop-Deutschland: Bekanntermaßen bestreitet die schöne Chart-Leuchte Outdoor-Konzerte nur bei einer ordnungsgemäß festgestellten Bühnentemperatur von mindestens 19 Grad Celsius.

Da das Spektakel im Derby-Park zu Klein Flottbek ein solches Open-Air-Event ist, dürften die regionalen Wettervorhersage fürs Wochenende mindestens 13.500 feste Zuschauer haben. Exakt soviele Fans nämlich haben bereits ihre Kaufkarten für das Soulfest auf dem Freiluftgelände in Hamburgs Westen gesichert. Soll heißen, Whitney hat Wald und Wiese ausverkauft! Daher muss die Devise heißen: Kopf in Nacken und Wolken wegpusten!

Sa, 4. September, 20 Uhr, Derby- Park Klein Flottbek