Falk ist Falk ist Columbo

■  In der neusten Folge ist Columbo ganz der Alte und sogar ein bisschen mehr: „Columbo: Das Aschenpuzzle“ (20.15 Uhr, RTL)

Es gibt diesen Moment, in dem Lieutenant Columbo direkt in die Kamera schaut. Leutselig linst er hinein, als suche er den Blick des Zuschauers. Eine Art Augenzwinkern zwischen alten Bekannten: Er weiß, dass wir wissen, dass er weiß, dass er den Täter fassen wird. Denksportler haben dem Täter längst aus der Beweiskette einen Galgenstrick geknüpft, aber das trübt den Spaß nicht im geringsten. Denn der liegt darin, dem krabbeligen Kriminalisten bei der Arbeit zuzuschauen, wenn er Kollegen duzt oder Angehörigen der höheren Stände mit penetranter Höflichkeit und ausufernden Anekdoten dermaßen auf die Nerven geht, dass ihnen die Wahrung der Contenance schwerer fällt.

„Ich denke, Sie kennen den Weg hinaus“, bekommt Columbo in dieser ersten von zwei ganz neuen Folge zu hören, noch ehe er sein Anliegen dem Beerdigungsunternehmer Prince vortragen konnte, der standesgemäße Trauerfeiern für entschlafene Hollywood-Größen inszeniert. Nachdem er sich vorgestellt hat – „Ich bin von der Polizei. Lieutenant Columbo“ – folgt eine weitere Invektive seitens des ungehaltenen Gegenübers: „Soll das ein Witz sein?“

So wird der Boden dafür bereitet, dass der Zuschauer bei der Überführung des Täters nicht nur Genugtuung empfindet, sondern auch Schadenfreude. Denn der Mörder hatte alle Vorteile auf seiner Seite: Reichtum, Beziehungen, Schläue – und war doch dem unterbezahlten, verwitterten kleinen Mann in dem zerknuffelten Trenchcoat nicht gewachsen.

So hat „Columbo“ immer funktioniert; ganz selten nur wichen die Autoren von dem erfolgreichen Serienprofil ab. In den Nuancen aber sind nun Veränderungen festzustellen. Autoren, Regisseure und Hauptdarsteller Peter Falk selbst treiben reflektierende Späße, ähnlich wie das Ehepaar Brockmöller-Stoever im Hamburger „Tatort“. So ist in der erzählten Biographie des Star-Bestatters Eric Prince zugleich die seines Darstellers Patrick McGoohan verborgen, des Mannes, der einst die Bond-Rolle ablehnte und durch die TV-Serien „Geheimauftrag für John Drake“ und mehr noch „Nummer sechs“ zur internationalen, noch immer höchst verehrten TV-Ikone wurde.

Familiär geht's zu in dieser Folge: McGoohan, auch seine Tochter Catherine spielt mit, ist ein langjähriger Freund Peter Falks und ein Veteran der „Columbo“-Serie – in vier Filmen wirkte er als Schauspieler mit, fünf davon, darunter auch der aktuell fertiggestellte, noch ungesendete, hat er inszeniert. So sind die reichhaltigen Dialoge der beiden Stars mit Innuendos gewürzt, Seitenhiebe werden verteilt, oftmals klingt Ironie an. Einige Scherze freilich erschließen sich nur dem Kenner der Serie. Columbo stößt auf das Namenskürzel S. B. und erkundigt sich, wer gemeint sein könnte. „Sonny Bono, Sandra Bullock, Steven Bochco ...“, schlägt Prince vor, und Columbo begeistert sich: „Das sind ja richtige Superstars. Die Crème de la crème ...“ Steven Bochco, das muss man wissen, war Redakteur und Autor der „Columbo“-Produktion, ehe er sich selbstständig machte und mit „L.A. Law“ oder „N.Y.P.D. Blue“ zu einem der gefragtesten Serienproduzenten der USA wurde.

Weniger durchtrieben, aber durchaus lachdienlich sind die robusten Kalauer, die mit dem Bestattermilieu zu tun haben: „Das muss ein Beruf sein, der Spaß macht“, pariert Columbo lakonisch, als Prince ihm ein paar unappetitliche Feinheiten seines Berufes auseinanderlegt.

In einem Punkt also hat Columbo Unrecht. „Im Grunde reine Routine“, sagt er über seine Arbeit. Nicht Routine spielt sich ab, sondern liebgewonnene Rituale. Reine Routine wäre schließlich das Hinsehen nicht wert. Die neue „Columbo“-Episode aber ist es durchaus. Harald Keller